2020er Jahre – Selbstvertretung stärken
Menschen mit geistiger Beeinträchtigung sollen im Verein Lebenshilfe, in Politik und Gesellschaft mitreden und mitentscheiden können.

Für die uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung ist es entscheidend, dass sie ihre Anliegen überall selbst vertreten können: im Verein Lebenshilfe ebenso wie in Politik und Gesellschaft. Im Bundesvorstand der Lebenshilfe reden und entscheiden sogenannte Selbstvertreter*innen bereits seit dem Jahr 2000 mit. Im Jahr 2019 startet die Bundesvereinigung ihre bundesweite Kampagne „Selbstvertretung – Na klar.“ und veranstaltet einen großen Selbstvertreter-Kongress in Leipzig. 500 Menschen mit geistiger Beeinträchtigung nehmen teil und verabschieden die Leipziger Erklärung mit vielen wegweisenden Forderungen, die in den folgenden Jahren umgesetzt werden sollen. Die Bundesvereinigung will die Selbstvertreter*innen zu einer starken Säule der Lebenshilfe machen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist, erwachsene Geschwister von Menschen mit Behinderung zu unterstützen und sie für ehrenamtliches Engagement in der Lebenshilfe zu gewinnen.
Hier erfahren Sie mehr.
Die Jahre

Lebenshilfe erinnert an die Opfer des Nationalsozialismus
„In der Nazi-Zeit wäre ich selbst ermordet worden! Nur aus einem einzigen Grund: Weil ich eine Behinderung habe.“ Das sagt Sebastian Urbanski anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar. Der Schauspieler hat das Down-Syndrom und gehört als Selbstvertreter dem Bundesvorstand der Lebenshilfe an. Gemeinsam mit der Bundesvorsitzenden Ulla Schmidt und weiteren Lebenshilfe-Vertreter*innen legt er an der Gedenkstätte in der Berliner Tiergartenstraße einen Kranz nieder. Vor 75 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Vernichtungslager Auschwitz befreit. An diesem Tag erinnert die Bundesvereinigung Lebenshilfe alljährlich an die etwa 300.000 kranken und behinderten Menschen, die damals in ganz Europa ermordet wurden. Sie galten als „Ballastexistenzen“ und wurden als „lebensunwert“ systematisch aussortiert.
Erfolgreicher Einsatz für ein besseres Betreuungsrecht
Im September legt das Bundesjustizministerium einen ersten Gesetzentwurf für ein neues Betreuungsrecht vor. Die Lebenshilfe fordert zusätzliche Änderungen, denn Menschen mit rechtlicher Betreuung können damit immer noch zu wenig selbst über ihr Leben bestimmen. Die Bundesvereinigung startet darauf eine erfolgreiche Kampagne: Bis zur Verabschiedung der Reform im März 2021 setzt sie so weitere Verbesserungen durch.
Kampf gegen Corona
Das Corona-Virus erreicht Deutschland. Um Infektionen zu vermeiden, sagt die Bundesvereinigung ihren für den 10. März geplanten Parlamentarischen Abend kurzfristig ab. Dann kommt es zum ersten Lockdown: Im ganzen Land werden Betretungsverbote für Einrichtungen wie Werkstätten und Wohnstätten, Kitas oder Schulen erlassen. Die Angst ist bei Menschen mit Behinderung besonders groß. Da sie häufig Vorerkrankungen haben, ist bei ihnen das Risiko höher, bei einer Ansteckung mit Covid-19 schwer zu erkranken. Seit mehr als einem Jahr kämpft nun die Lebenshilfe auf allen Ebenen, um die Folgen der Pandemie für Menschen mit Behinderung, ihre Familien und die Mitarbeitenden in Einrichtungen und Diensten abzumildern.
30 Jahre Lebenshilfe im geeinten Deutschland
Am 9. November 1990, genau ein Jahr nach dem Fall der Mauer, besiegeln rund 500 Delegierte in Marburg den Zusammenschluss der Bundesvereinigung Lebenshilfe mit der erst vor wenigen Monaten gegründeten Lebenshilfe DDR. Rund 120 örtliche Lebenshilfen gibt es zu diesem Zeitpunkt bereits in Ostdeutschland. Wegen Corona müssen die vielen Jubiläumsfeiern zum 30-jährigen Bestehen ausfallen.

Digitale Plattform für Geschwister modernisiert
Frisches Aussehen und mehr Funktionen: Fünf Jahre nach dem Start modernisiert die Lebenshilfe ihre preisgekrönte digitale Plattform www.geschwisternetz.de. Im August geht die überarbeitete Internetseite online. Dort können erwachsene Brüder und Schwestern von Menschen mit Behinderung ihre Erfahrungen austauschen. Neu ist auch, dass sich nun Geschwister ab 14 Jahren anmelden können.
Herausforderungen der Zukunft regional diskutiert
Lebhafte Diskussionen und viele gute Ideen – so lassen sich fünf Regionalkonferenzen zusammenfassen. Im Frühjahr kommen in Koblenz, Leipzig, Hannover und Hamburg insgesamt mehr als 250 Vertreter*innen der Lebenshilfe zusammen, um über die Herausforderungen der Zukunft zu sprechen. Ein weiteres Treffen, das ursprünglich in Ulm geplant war, kann wegen Corona nur online stattfinden. Vertreten sind die vier Säulen der Lebenshilfe: Eltern und Angehörige, Selbstvertreter*innen, Träger von Diensten und Einrichtungen sowie Fachleute. In Arbeitsgruppen wird etwa darüber diskutiert, was Selbstvertreter*innen brauchen, um sich aktiv beteiligen zu können. Oder wie die Marke „Lebenshilfe“ geschützt werden kann. Zentrale Fragen waren: Wie gewinnt die Lebenshilfe neue Mitglieder, tatkräftige Freiwillige und engagierte Vorstandsmitglieder? Welche Aufgaben nimmt die Lebenshilfe künftig wahr: vor Ort, in den Ländern und auf Bundesebene? Wie kann für alle Ebenen die Finanzierung gesichert werden? Und wie kann die Lebenshilfe in einer digitalen Welt ihre Inhalte in die Gesellschaft transportieren? Auf der Mitgliederversammlung im September sollen die Ergebnisse der Regionalkonferenzen präsentiert werden. Corona macht jedoch die Versammlung unmöglich.

Mehr wert als ein Danke
Die Initiative „Mehr wert als ein Danke“ übergibt am 19. November über 53.000 Unterschriften an den Petitionsausschuss des Bundestages. Gerade die Pandemie legt schonungslos offen, dass sich die Rahmenbedingungen für Mitarbeitende in der Sozialwirtschaft ändern müssen: Bessere Arbeitsbedingungen, gerechte Löhne, mehr Wertschätzung und eine Corona-Prämie sind die Forderungen der Initiative, zu deren Unterstützer*innen auch die Lebenshilfe gehört.

Lesen Sie den Jahres- und Wirkungsbericht 2020 der Bundesvereinigung Lebenshilfe.

Ulla Schmidt mit großer Mehrheit im Amt bestätigt
Ulla Schmidt aus Aachen wird bei der Mitgliederversammlung am 15. und 16. Oktober in Berlin als Bundesvorsitzende der Lebenshilfe wiedergewählt. Von den rund 200 Delegierten aus ganz Deutschland erhält die frühere Gesundheitsministerin 95 Prozent der Stimmen. Mit Ramona Günther (Freudenstadt), Manuela Stock (Marburg) und Sebastian Urbanski (Berlin) gehören zudem drei Menschen mit Behinderung dem neuen Vorstand an. Wegen der Corona-Pandemie musste die Mitgliederversammlung um ein Jahr verschoben werden und kann jetzt mit Hygienekonzept und 3-G-Regel in Präsenz nachgeholt werden.
Große Hilfsbereitschaft für Opfer der Flutkatastrophe
Unwetter in Deutschland richten in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli verheerende Schäden an. Besonders schwer trifft das Hochwasser die Lebenshilfe im Kreis Ahrweiler. 13 Menschen mit geistiger Behinderung sterben in den Fluten. Zwölf von ihnen lebten im Lebenshilfehaus in Sinzig, eine Person in der eigenen Wohnung mit ambulanter Betreuung. In der Bevölkerung ruft die Katastrophe große Anteilnahme und Hilfsbereitschaft hervor. Die Ottobock Global Foundation stellt der Bundesvereinigung Lebenshilfe zudem 500.000 Euro zur Verfügung. Mit dem Geld sollen vom Hochwasser betroffene Familien mit behinderten Angehörigen unterstützt werden.

Im Superwahljahr Zeichen gegen Hass und Ausgrenzung gesetzt
Die Lebenshilfe sowie viele weitere Verbände, Initiativen und Einrichtungen aus dem Bereich der Behindertenhilfe und Sozialen Psychiatrie setzen im Mai ein Zeichen gegen Hass, Gewalt und Ausgrenzung. Mit ihrer gemeinsamen Erklärung „Wir für Menschlichkeit und Vielfalt“ zeigen sie zum Auftakt des Superwahljahres 2021 klare Haltung gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Sie warnen vor Hetze und Stimmungsmache rechter Akteur*innen wie der AfD. Zum Start sind es 435 Organisationen, die sich an der Aktion beteiligen. Bis zur Bundestagswahl wächst ihre Zahl auf 763 an.
Lebenshilfe im digitalen Austausch
Menschen finden, begeistern, überzeugen – das gehört zu den Aufgaben der Lebenshilfe. Am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen, veranstaltet die Bundesvereinigung das 3. bundesweite Lebenshilfe-Treffen für Öffentlichkeitsarbeit, an dem mehr als 80 Mitarbeitende aus ganz Deutschland teilnehmen. Im Mittelpunkt der eintägigen Digital-Konferenz stehen wichtige Zielgruppen der Lebenshilfe: Selbstvertreter*innen, Fachkräfte, Unternehmen und die Politik.

Florian Jaenicke und Sandra Maischberger mit BOBBY ausgezeichnet
Fotograf und Autor Florian Jaenicke sowie TV-Moderatorin Sandra Maischberger erhalten am 1. September den BOBBY 2020, den Medienpreis der Bundesvereinigung Lebenshilfe, wegen Corona mit einem Jahr Verspätung. „Beide setzen sich für eine inklusive Gesellschaft ein und erreichen damit eine große Öffentlichkeit“, so Bundesvorsitzende Ulla Schmidt.
Jedes menschliche Leben ist gleich viel wert!
Die Lebenshilfe veröffentlicht am 19. Januar ein Positionspapier, das die Diskriminierung von Menschen mit geistiger Behinderung verhindern soll. Hintergrund: Die hohen Corona-Infektionszahlen könnten Intensivstationen überlasten und eine Priorisierung („Triage“) einzelner Behandlungsfälle erforderlich machen. Sollten solche schwerwiegenden Entscheidungen notwendig sein, darf dies auf keinen Fall zu einer Benachteiligung von Menschen mit Behinderung führen. „Denn jedes menschliche Leben ist gleich viel wert!“, betont Bundesvorsitzende Ulla Schmidt.
Endlich wählen dürfen
Rund 85.000 deutsche Bürger*innen mit rechtlicher Betreuung in allen Angelegenheiten waren bisher von Bundestagswahlen ausgeschlossen. Nun dürfen sie am 26. September zum ersten Mal ihr Kreuzchen setzen. Mit Wahlassistenz, wenn sie es möchten. Dafür hatte die Lebenshilfe viele Jahre gekämpft und betroffene Menschen mit Behinderung bei ihrer erfolgreichen Klage vor dem Bundesverfassungsgericht unterstützt.

Lebenshilfe-Baum im Bundestag
Jedes Jahr leuchtet in der Adventszeit ein Weihnachtsbaum der Lebenshilfe im Deutschen Bundestag. Bundesvorsitzende Ulla Schmidt und Vorstandsmitglied Sebastian Urbanski übergeben am 6. Dezember den Baum, für den die Lebenshilfe Bielefeld den Schmuck gefertigt hat. Er dient als Dankeschön an alle Politiker*innen, die sich für eine inklusive Gesellschaft eingesetzt haben. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas verspricht: „Wir werden darauf achten, dass Menschen mit Behinderung nicht ins Hintertreffen geraten.“

Lesen Sie den Jahres- und Wirkungsbericht 2021 der Bundesvereinigung Lebenshilfe.

Der Krieg in der Ukraine und seine Folgen
Dem entsetzlichen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sind Menschen mit Behinderung besonders schutzlos ausgeliefert. Ob sie nun bei ihrer Familie leben oder in Einrichtungen der Behindertenhilfe, sie können sich weder allein versorgen noch selbst in Sicherheit bringen. Viele örtliche Vereine wie etwa die Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren leisten schnelle und aktive Unterstützung. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe bündelt Informationen zu den Nothilfe-Aktionen auf ihrer Webseite. In der Folge des Krieges steigen die Preise in Deutschland rasant an. In Abstimmung mit ihren Landesverbänden und gemeinsam mit den anderen Fachverbänden für Menschen mit Behinderung fordert die Bundesvereinigung Lebenshilfe in Medienmitteilungen und Schreiben an die Ministerien: Menschen mit Behinderung dürfen nicht vergessen werden! Zu ihrer Unterstützung müssen Dienste und Einrichtungen als gemeinnützige Organisationen abgesichert werden, damit sie durch die hohen Energiepreise nicht zerstört werden! In der Folge wurden viele allgemeine Hilfen für Menschen mit Behinderung sowie Dienste und Einrichtungen einbezogen und entlastet.
Parlamentarischer Abend: Unsere Forderungen an die Politik
Ziel der Lebenshilfe ist, die Benachteiligung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und ihrer Familien zu verringern, gerade nachdem die Corona-Pandemie ihre Situation zusätzlich verschärft hat. Es fehlt an finanzieller Unterstützung sowie an Angeboten zur Entlastung der Angehörigen. Vieles ist zurückzuführen auf fehlendes Wissen über die Lebenswelt von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung, auf mangelnde rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen sowie auf unzureichende Inklusion in der Praxis. Um die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und hochrangige Vertreter*innen der Ministerien auf die aktuellen Probleme und die damit verbundenen Forderungen der Lebenshilfe aufmerksam zu machen, lädt die Bundesvereinigung alljährlich zu ihrem Parlamentarischen Abend ein.

Selbstvertretung stärken
Seit über 20 Jahren unterstützt die Bundesvereinigung Lebenshilfe Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in ihrem Wunsch nach Selbstvertretung. Sie ist damit Vorreiterin für alle Lebenshilfe-Ebenen und die gesamte Gesellschaft. Dennoch werden Menschen mit geistiger Beeinträchtigung weiterhin häufig übergangen, wenn es um politische und gesellschaftliche Mitsprache und Mitbestimmung geht. Aus diesem Grund startete die Bundesvereinigung im Jahr 2019 die Kampagne „Selbstvertretung – Na klar.“ mit einem großen Kongress in Leipzig. Seinerzeit fassten rund 500 Selbstvertreter*innen ihre Forderungen in der sogenannten Leipziger Erklärung zusammen. Der Forderungskatalog wurde darauf auf Video- und Präsenztreffen weiterentwickelt und auf der Mitgliederversammlung im Oktober 2021 unter großer Anteilnahme und Zustimmung der Delegierten präsentiert. Lesen Sie hier mehr zum Thema Selbstvertretung.
Mehr Leichte Sprache
Oft sind es sprachliche Barrieren, die Menschen mit geistiger Beeinträchtigung den Zugang zur uneingeschränkten Teilhabe verwehren. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe setzt sich daher mit Projekten wie Das Internet ist für Alle da! für mehr Leichte Sprache ein und baut ihr eigenes Angebot stetig aus: Sie bringt in ihrem Verlag Bücher in einfacher und Leichter Sprache heraus. Sie übersetzt wichtige Stellungnahmen und Unterlagen für ihre Gremien. Zudem veröffentlicht sie Texte in einfacher und Leichter Sprache im Magazin der Lebenshilfe-Zeitung, als Newsletter und im Internet zu Themen wie beispielsweise Gesundheit, Partnersuche oder Energie sparen.
Teilhabe am Arbeitsleben und gerechte Entlohnung
Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung können von ihrem Entgelt in der Werkstatt nicht ansatzweise ihren Unterhalt bestreiten. Damit ist Deutschland von einer gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsleben, wie sie in der UN-Behindertenrechtskonvention seit 2009 fest verankert ist, noch weit entfernt. Die Lebenshilfe fordert deshalb: Alle sollen ihren Arbeitsort frei wählen dürfen. Und alle sollen mit einem ausreichenden Lohn ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Welche Schritte auf dem Weg dahin notwendig sind, hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe in einem Positionspapier zusammengefasst.
Inklusion in der Jugendarbeit
Menschen mit Behinderung sollen uneingeschränkte Teilhabe in jedem Alter und in allen Lebensbereichen erfahren. Doch gerade Jugendarbeit ist vielerorts nicht auf die Bedarfe von jungen Menschen mit Behinderung ausgerichtet. Seit März 2021 läuft nun das Projekt „Mit den Augen von Jugendlichen – Was braucht inklusive Jugendarbeit?“ der Bundesvereinigung Lebenshilfe in Kooperation mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Erfahren Sie hier mehr zur inklusiven Jugendarbeit.

Geschwister stark machen und vernetzen
In der Familie steht die Tochter oder der Sohn mit Behinderung meist im Vordergrund, Geschwister ohne Behinderung stehen dagegen häufig in der zweiten Reihe. Später, wenn die Eltern zu alt oder gestorben sind, übernehmen sie in der Regel die Verantwortung. Die Lebenshilfe will Geschwister dabei mit Information und Fortbildung unterstützen sowie stärker in die Entscheidungsprozesse auf allen Vereinsebenen einbinden. Zudem hat die Bundesvereinigung vor sechs Jahren die Online-Plattform „GeschwisterNetz“ gegründet. Aktuell haben sich dort rund 900 Geschwister angemeldet und können so Kontakte knüpfen – in einem geschützten Raum und unabhängig vom Wohnort. Darüber hinaus können sie sich zu regionalen Zusammenkünften und Aktivitäten verabreden. Und die Lebenshilfe lädt regelmäßig zu bundesweiten Treffen ein. Lesen Sie hier mehr zur Unterstützung von Geschwistern.
Für mehr Unterstützung im Krankenhaus
Seit vielen Jahren kämpft die Bundesvereinigung Lebenshilfe für eine bessere Versorgung von Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung im Krankenhaus. Die ungewohnte Umgebung und medizinische Eingriffe sind für sie meist beängstigend und schwer zu verstehen, die Kommunikation mit dem Klinikpersonal ist oft schwierig. So können gerade bei Patient*innen mit hohem Unterstützungsbedarf Versorgungsmängel auftreten, Diagnosen nicht gestellt und Therapien unmöglich werden. Der 1. November 2022 brachte dann endlich eine wichtige Erleichterung: Seither werden die Kosten für eine vertraute Begleitperson bei einem Krankenhausaufenthalt erstattet. Die Bundesvereinigung gibt hilfreiche Tipps, wie die neue Leistung beantragt werden kann, und hat dazu eine Checkliste und Handreichung erstellt.

40 Jahre Lebenshilfe-Kalender SEH-WEISEN
Bei Menschen mit geistiger Beeinträchtigung schauen viele allein auf die Defizite. Aber Menschen mit geistiger Beeinträchtigung haben oft auch ungeahnte Fähigkeiten, die nur entdeckt und gefördert werden müssen. So entstanden deutschlandweit Kunstateliers der Lebenshilfe und anderer Träger der Behindertenhilfe. Und seit nunmehr 40 Jahren gibt es den 30 mal 39 cm großen SEH-WEISEN-Kalender der Bundesvereinigung Lebenshilfe mit Werken von Künstler*innen mit geistiger Beeinträchtigung.

Mitgliederversammlung: Lebenshilfe tankt Energie für die Zukunft
Mit einem kraftvollen Bekenntnis zu Demokratie und Vielfalt und gegen eine Politik der Diskriminierung und Ausgrenzung, wie sie die AfD betreibt, eröffnet am 29. September Bundesvorsitzende Ulla Schmidt die Mitgliederversammlung in der Marburger Stadthalle. Auf der Tagesordnung stehen wichtige Zukunftsfragen: Wie können Selbstvertreter*innen mehr mitreden und mitentscheiden? Was kann die Lebenshilfe tun, damit auch Menschen mit schwerer und schwerster Behinderung umfassende Unterstützung erhalten, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können? Und wie findet die Lebenshilfe die notwendigen Fachkräfte für ihre Arbeit? Besonders die 50 Teilnehmenden mit geistiger Beeinträchtigung fahren mit viel Power im Gepäck nach Hause. Ihr Masterplan zur Stärkung von Selbstvertretung ist mit großer Zustimmung angenommen worden.
Selbstvertretung stärken
Die Bundesvereinigung Lebenshilfe unterstützt Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in ihrem Wunsch nach Selbstvertretung. Sie ist damit Vorreiterin für alle Lebenshilfe-Ebenen und die gesamte Gesellschaft. Auf der Mitgliederversammlung verabschiedet sie einen Masterplan zur Stärkung der Selbstvertretung. Menschen mit geistiger Beeinträchtigung formulieren darin eigene Forderungen, die auf den großen Selbstvertreterkongress 2019 in Leipzig zurückgehen. Außerdem veröffentlicht die Bundesvereinigung 10 kurze Filme, die anschaulich erklären, was Selbstvertretung bedeutet.

#LebenshilfeMomente: bundesweite Kampagne gegen den Fachkräftemangel
Ganz besondere Momente erlebt, wer für und mit Menschen mit Behinderung arbeitet. Momente, die bereichern und berühren. Damit wirbt deutschlandweit die Kampagne #LebenshilfeMomente. Gerade die Behindertenhilfe trifft der überall herrschende Fachkräftemangel besonders hart. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe stellt ihren Mitgliedsorganisationen umfangreiches Werbematerial für die Personalgewinnung zur Verfügung. Auf der Mitgliederversammlung Ende September in Marburg werden die Kampagne und unsere politischen Forderungen zum Fachkräftemangel erstmals in der Öffentlichkeit vorgestellt.
Medienpreis BOBBY geht an das Ehepaar Dietz
„Dank Familie Dietz wird sichtbar, wie fundamental wichtig Inklusion für die Gesellschaft ist, wie wir alle davon profitieren können“, so Bundesvorsitzende Ulla Schmidt bei der Verleihung des BOBBY 2023 an Schauspieler André Dietz und seine Frau Shari. Mit ihrem Medienpreis würdigt die Bundesvereinigung Lebenshilfe seit 1999 öffentliches Engagement für Menschen mit Behinderung und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Parlamentarischer Abend: Unsere Forderungen an die Politik
Die Lebenshilfe setzt sich gegen die Benachteiligung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und deren Familien ein, gerade nachdem ihre Situation durch weltweite Krisen zusätzlich verschärft wird. Es fehlt an finanzieller Unterstützung sowie an Angeboten zur Entlastung der Angehörigen. Vieles ist zurückzuführen auf fehlendes Wissen über die Lebenswelt von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Behinderung, auf mangelnde rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen sowie auf unzureichende Inklusion in der Praxis. Um die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und hochrangige Vertreter*innen der Ministerien auf die aktuellen Probleme und die damit verbundenen Forderungen der Lebenshilfe aufmerksam zu machen, lädt die Bundesvereinigung alljährlich zu ihrem Parlamentarischen Abend ein.
Protest hat Erfolg: Familien werden in der Pflege entlastet
Nachdem der Bundestag im Mai das Pflegeunterstützungs- und ‑entlastungsgesetz verabschiedet hat, ist die Lebenshilfe erleichtert: Der gemeinsame Jahresbetrag kommt nun doch! Pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen, vor allem auch Familien mit Kindern mit Behinderung, werden so spürbar entlastet. Neu ist, dass die bisher getrennten Leistungen Verhinderungs- und Kurzzeitpflege für häuslich gepflegte Menschen künftig zu einem flexibel nutzbaren Budget zusammengefasst werden können. Aus Kostengründen war diese Möglichkeit zwischenzeitlich aus dem Gesetz herausgenommen worden, was zu massivem Protest der Lebenshilfe und schließlich zur Rücknahme der Streichung führte. Erfahren Sie mehr rund um das Thema Pflege.

Kindergeld für erwachsene Kinder mit Behinderung gesichert
Im Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung ab dem Jahr 2025 droht der Wegfall des bisherigen Kindergeldes für erwachsene Kinder mit Behinderung. Geplant ist, den künftigen Kindergarantiebetrag direkt an die Menschen mit Behinderung auszuzahlen. Das jedoch würde dazu führen, dass Empfänger*innen von Grundsicherung die 250 Euro Kindergeld gleich wieder ans Sozialamt abgeben müssten. Gemeinsam mit den anderen Fachverbänden kann die Lebenshilfe die Politik davon überzeugen, den Kindergeldanspruch in seiner jetzigen Form zu belassen. Denn Eltern sind auf diese monatliche finanzielle Unterstützung angewiesen, um Betreuung und Versorgung ihrer volljährigen Kinder mit Behinderung selbst sicherzustellen.
Inklusion: Vereinte Nationen stellen Deutschland ein schlechtes Zeugnis aus
Wie inklusiv ist Deutschland? Darum geht es im August bei der Staatenprüfung der Vereinten Nationen in Genf. Vor Ort ist auch Lebenshilfe-Selbstvertreter Joachim Busch (Foto). Er kritisiert im zuständigen Fachausschuss die mangelhafte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Deutschland erhält dann auch ein schlechtes Zeugnis in den „Abschließenden Bemerkungen“ des UN-Fachausschusses. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe sieht sich damit in ihren Kernforderungen bestätigt.

Weltspiele von Special Olympics werden zum neuen Sommermärchen
2023 finden zum ersten Mal die Special Olympics World Games in Deutschland statt. Aus der ganzen Welt kommen im Juni Tausende Sportler*innen mit und ohne geistige Beeinträchtigung nach Berlin. Gemeinsam mit dem deutschen Team, zu dem auch viele Athlet*innen aus den Reihen der Lebenshilfe gehören, setzen sie ein weit sichtbares Zeichen für Inklusion, Teilhabe und Vielfalt. „Das ist wieder ein Sommermärchen – wie bei der Fußball-WM 2006“, freut sich Bundesvorsitzende Ulla Schmidt. Erfahren Sie mehr über die Special Olympics und den Sport von Menschen mit Behinderung, auch in Leichter Sprache.
Mehr Leichte Sprache
Oft sind es sprachliche Barrieren, die Menschen mit geistiger Beeinträchtigung den Zugang zur uneingeschränkten Teilhabe verwehren. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe setzt sich daher mit Projekten wie Das Internet ist für Alle da! für mehr Leichte Sprache ein und baut ihr eigenes Angebot stetig aus: Sie bringt in ihrem Verlag Bücher in einfacher und Leichter Sprache heraus. Sie übersetzt wichtige Stellungnahmen und Unterlagen für ihre Gremien. Zudem veröffentlicht sie Texte in einfacher und Leichter Sprache im Magazin der Lebenshilfe-Zeitung, als Newsletter und im Internet zu Themen wie beispielsweise UN-Behindertenrechtskonvention, Down-Syndrom oder FASD.

Teilhabe am Arbeitsleben und gerechte Entlohnung
Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung können von ihrem Entgelt in der Werkstatt nicht ansatzweise ihren Unterhalt bestreiten. Damit ist Deutschland von einer gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsleben, wie sie in der UN-Behindertenrechtskonvention seit 2009 fest verankert ist, noch weit entfernt. Die Lebenshilfe fordert deshalb: Alle sollen ihren Arbeitsort frei wählen dürfen. Und alle sollen mit einem ausreichenden Lohn ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Welche Schritte auf dem Weg dahin notwendig sind, hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe in einem Positionspapier zusammengefasst.
Geschwister stark machen und vernetzen
In der Familie steht die Tochter oder der Sohn mit Behinderung meist im Vordergrund, Geschwister ohne Behinderung stehen dagegen häufig in der zweiten Reihe. Später, wenn die Eltern zu alt oder gestorben sind, übernehmen sie in der Regel die Verantwortung. Die Lebenshilfe will Geschwister dabei mit Information und Fortbildung unterstützen sowie stärker in die Entscheidungsprozesse auf allen Vereinsebenen einbinden. Zudem hat die Bundesvereinigung vor sieben Jahren die Online-Plattform „GeschwisterNetz“ gegründet. Aktuell haben sich dort rund 1000 Geschwister angemeldet und können so Kontakte knüpfen – in einem geschützten Raum und unabhängig vom Wohnort. Darüber hinaus können sie sich zu regionalen Zusammenkünften und Aktivitäten verabreden. Und die Lebenshilfe lädt regelmäßig zu bundesweiten Treffen ein. Lesen Sie hier mehr zur Unterstützung von Geschwistern.

Besser zusammen: Benefizaktion des NDR für die Lebenshilfe
Im Dezember ruft der NDR zu Spenden auf, um die Lebenshilfe und ihre fünf norddeutschen Landesverbände zu unterstützen. Unter dem Motto „Besser zusammen!“ stehen Menschen mit Behinderung und deren Familien im Mittelpunkt der NDR-Benefizaktion „Hand in Hand für Norddeutschland“. Zwei Wochen lang berichten die NDR-Radioprogramme, das NDR-Fernsehen und NDR.de über die Arbeit der Lebenshilfe. So kommt ein stolzer Spendenbetrag von insgesamt rund 4,2 Millionen Euro zusammen.