Versorgung mit Heilmitteln
In diesem Beitrag erklären wir, was Heilmittel sind, nach welchen Vorgaben sie verordnet werden können und welche rechtlichen Änderungen es bei der Heilmittelversorgung gegeben hat.
Was sind Heilmittel?
Ein Heilmittel ist eine medizinische Leistung, die von einer Therapeut*in persönlich erbracht wird. Darin unterscheiden sich Heilmittel von sogenannten Hilfsmitteln (wie einem Rollstuhl oder einem Hörgerät), bei denen es sich um Gegenstände handelt, mit deren Hilfe beispielsweise körperliche Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.
Heilmittel sind Maßnahmen der:
- Physiotherapie,
- Stimm-, Sprech-, Sprach oder Schlucktherapie,
- Podologie,
- Ernährungstherapie oder
- Ergotherapie.
Nur Heilmittel, die dem sogenannten Heilmittelkatalog entstammen, sind für eine regelkonforme Verordnung durch Vertragsärzt*innen (früher als "Kassenärzte" bezeichnet) bzw. Krankenhäuser zugelassen.
Den Inhalt des Heilmittelkataloges und den Rahmen der Verordnungsmöglichkeiten gibt die Heilmittel-Richtlinie vor. Die Heilmittel-Richtlinie beinhaltet auch Vorgaben für Heilmittelerbringer, die Heilmittelbehandlung selbst und eine Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf.
Weniger Bürokratie bei der Heilmittel-Versorgung
Bislang galt: Ärzt*innen konnten nur eine bestimmte Menge an Verordnungen für ein Heilmittel ohne Begründung und Genehmigung der Krankenkassen ausstellen. Es wurde davon ausgegangen, dass diese Anzahl reicht, um das angestrebte Therapieziel im Regelfall zu erreichen.
Weitere Verordnungen bedurften der ärztlichen Begründung und der Genehmigung der Krankenkasse. Man sprach von sogenannten Verordnungen außerhalb des Regelfalles. Ausnahme war, dass es sich um einen neuen Behandlungsfall handelte, weil innerhalb eines Zeitraumes von 12 Wochen keine Behandlung erfolgt war.
Nach Ablauf dieses sogenannten behandlungsfreien Intervalls konnten Ärzt*innen wieder Verordnungen ohne Genehmigung der Krankenkasse ausstellen, obwohl die Verordnungsmenge für den Regelfall eigentlich bereits ausgeschöpft war.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2021 wurde dieses Verfahren vereinfacht:
- Es gibt keine Unterscheidung mehr zwischen Verordnungen innerhalb und außerhalb des Regelfalles.
- Vielmehr wird nun nur noch eine sogenannte orientierende Behandlungsmenge definiert, die keine zwingende Vorgabe enthält.
- Sie kann von Ärzt*innen überschritten werden, ohne dass es einer Begründung auf der Verordnung und der Genehmigung durch die Krankenkasse bedarf.
- Insofern ist auch die Bedeutung des sogenannten behandlungsfreien Intervalls von 12 Wochen entfallen.
Fristen für Heilmitteltherapien wurden verlängert
- Die Fristen für den Beginn der Heilmitteltherapie wurden verlängert.
- Ab dem 1. Januar 2021 haben Versicherte dafür 28 Tage Zeit (bislang nur 14 Tage) ...
- ... es sei denn, eine unverzügliche Behandlung ist medizinisch geboten.
Entlastung für Menschen mit besonderem Verordnungsbedarf
Weitere positive Veränderung: Ärzt*innen können für Menschen mit einem sogenannten besonderen Verordnungsbedarf die Versorgung mit Heilmitteln für einen Zeitraum von 12 Wochen veranlassen. Das geht jetzt bereits mit der ersten Verordnung. Hierdurch wird diese Personengruppe entlastet. Typischerweise haben sie nämlich gerade zu Beginn ihrer Erkrankung einen intensiven Bedarf an Heilmitteln.
Besonderer / Langfristiger Verordnungsbedarf: Bei bestimmten Erkrankungen besteht ein besonders hoher Bedarf an Heilmitteln ("Besonderer Verordnungsbedarf"). Die gleiche Möglichkeit besteht für Menschen mit einem sogenannten langfristigen Heilmittelbedarf. Ein "Langfristiger Heilmittelbedarf" liegt bei einer schweren und beständigen Beeinträchtigung vor.
Die Erkrankungen, die einen langfristigen Heilmittelbedarf oder einen besonderen Verordnungsbedarf begründen, sind in einer gemeinsamen Diagnoseliste aufgeführt. Auch wenn die Diagnose nicht auf der Liste steht, kann ein langfristiger Heilmittelbedarf bestehen. Versicherte müssen in diesem Fall allerdings bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Feststellung bzw. Genehmigung des Bedarfs unter Vorlage der Verordnung stellen.
Heilmittel nun auch in Regelschulen und -kindergärten
Jetzt können Kinder und Jugendliche mit Behinderung, die eine Regelschule oder einen Regelkindergarten besuchen, in diesen Einrichtungen mit den erforderlichen Heilmitteln versorgt werden. Dafür muss kein Hausbesuch verordnet werden. Bislang gab es diese Möglichkeit nur für spezielle Fördereinrichtungen.
Heilmittelbehandlung auch per Video
Grundsätzlich können Heilmittelbehandlungen ausschließlich in der Praxis der Therapeut*in, im häuslichen Umfeld und unter bestimmten Voraussetzungen in Schulen und Kindergärten erbracht werden.
Allerdings können Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie, Ergotherapie, bestimmte Arten der Physiotherapie und Ernährungstherapie seit Januar 2022 auch als Videobehandlung durchgeführt werden.