Migration und Behinderung – Interkulturelle Öffnung und Vielfalt leben
Unsere Gesellschaft ist vielfältig – und das ist ihre Stärke. Menschen mit Behinderung und Migrationsgeschichte bringen unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Bedürfnisse mit. Auf diesen Seiten finden Sie viele Informationen und Angebote dazu.
Welcome to Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. We are a non-governmental self-help organization dedicated to advocating for the interests of people with disabilities in Germany.
Our society is diverse, and that is its greatest strength. People with disabilities and a history of migration bring unique perspectives and experiences to life in Germany. This diversity enriches our work and challenges us to create services that truly reach everyone.
We recognize that people with disabilities and migration backgrounds often face additional barriers. Language gaps, limited information, or hesitance toward authorities can make it harder to access support. That’s why we champion culturally sensitive counseling and inclusive structures—ensuring that full participation is possible for all.
Whether you are a professional, a family member, or personally affected, we invite you to join us. Together, we are building a Lebenshilfe that welcomes everyone.
Die Bundesvereinigung Lebenshilfe ist ein Verein, der sich für die Interessen von Menschen mit Behinderungen, die in Deutschland leben, einsetzt. Das Ziel der Lebenshilfe ist eine Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen willkommen sind.
In Deutschland leben viele verschiedene Menschen. Manche sind hier geboren, andere sind aus einem anderen Land gekommen. Manche Menschen haben eine Behinderung. Manche Menschen haben einen Migrations-Hintergrund. Manche haben beides. Diese Menschen brauchen gute Unterstützung.
Manchmal ist es schwer, Hilfe zu bekommen. Zum Beispiel, wenn man die Sprache nicht gut spricht oder nicht weiß, wo man Hilfe bekommt. Wir möchten helfen. Wir sprechen einfach und erklären alles gut. Wir hören zu und nehmen alle ernst. Wir möchten, dass alle Menschen mitmachen können – egal woher sie kommen oder ob sie eine Behinderung haben. Fachleute, Familien und Menschen mit Behinderung: Alle sind bei uns willkommen. Wir freuen uns, wenn Sie mitmachen!
Was ist Migration?
Migration gibt es schon immer – und es gibt sie weltweit. Migration bedeutet, dass eine Person ihren Lebensmittelpunkt räumlich verlegt. Das kann innerhalb eines Landes sein oder auch über Staatsgrenzen hinweg. Wenn wir heute von Migration sprechen, geht es meistens um die internationale Migration. Die Ursachen für Migration sind vielfältig und für die Entscheidung zur Migration gibt es meist mehrere, ineinander verwobene Gründe. So wandern beispielsweise Verliebte freiwillig aus, um zu ihren Partner*innen zu ziehen. Entweder, weil sie ein anderes Land kennen lernen wollen oder weil ein Zusammenleben im eigenen Land nicht möglich wäre. Andere verlassen ihr Land, um Arbeit zu finden und ihre Familien zu versorgen. Kriege zwingen Menschen zur Flucht, weil sie sonst ihr Leben verlieren könnten.
Wer sind Menschen mit Migrationshintergrund?
Die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund ist ebenso vielfältig und bunt wie die Gründe für Migration. Die aktuelle Definition des Statistischen Bundesamtes von Menschen mit Migrationshintergrund lautet:
„Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde."
Zu dieser Gruppe von Menschen gehören also nicht nur Menschen unterschiedlicher Herkunft, sondern auch junge und alte Menschen jeden Geschlechts und unterschiedlichen sozialen und Bildungshintergrunds. Das sind Menschen, die in Deutschland geboren wurden oder neu zugewandert sind, Menschen mit und ohne Behinderung. Der Begriff Menschen mit Migrationshintergrund ist also eine Sammelbezeichnung für die heterogene Gruppe der Zugewanderten und ihrer Nachkommen.
Welche Folgen haben Migration und Behinderung?
In der Fachliteratur wird von einer mehrfachen Benachteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderung gesprochen. Diese kann aufgrund von unterschiedlichen Dimensionen von Ungleichheit entstehen. Zum Beispiel können Behinderung, Migrationshintergrund und Geschlecht als Abgrenzungsmerkmale zusammenwirken und zu Ausgrenzung oder Diskriminierung führen. Das Phänomen des Zusammenwirkens dieser unterschiedlicher Differenzkategorien, die einige Menschen privilegieren und andere diskriminieren, nennt man in der Wissenschaft Intersektionalität.
Dabei müssen allerdings die Merkmale eingewandert und behindert im Einzelfall nicht zwangsläufig zu einer mehrfachen Benachteiligung oder Ausgrenzung führen. Für eine Bewertung der persönlich empfundenen Benachteiligung sollte immer der Einzelfall betrachtet werden.
Was brauchen Menschen mit Behinderung und Migrationshintergrund und ihre Angehörigen?
Es ist wichtig, vorhandene Selbsthilfestrukturen für Angehörige von Menschen mit Behinderung und Migrationshintergrund zu öffnen. Und so durch eine Willkommenskultur auch diese Menschen zu erreichen.
Aber das allein reicht nicht aus. Notwendig sind auch spezifische Formen der Selbsthilfe. Denn Sprachbarrieren, Informationslücken und unterschiedliche Ängste erschweren Angehörigen von Menschen mit Behinderung und Migrationshintergrund den Zugang zu bereits vorhandenen Angeboten. Die Scham und die Angst vor Vorurteilen, auch von Seiten ihrer Herkunftsgemeinschaft, sind nicht zu unterschätzen. Viele Betroffene suchen daher Gleichgesinnte, die ihre Muttersprache sprechen und ihre Situation verstehen, zu denen sie aber dennoch eine gewisse Distanz wahren können. Das ist eine der Erkenntnisse aus mehreren Projekten der Bundesvereinigung Lebenshilfe.
- Lebenshilfe Verlag: Unser Kind ist ein Geschenk Familien türkischer Herkunft mit einem geistig behinderten Kind in Deutschland
- Videos: Leben mit einem behinderten Kind Ein Angebot von MINA-Leben in Vielfalt e.V.
- Videos: Selbsthilfe interkulturell Filme der BAG Selbsthilfe in verschiedenen Sprachen
- Videos: Anerkennung von Behinderungen in Deutschland Filme von Handicap International in verschiedenen Sprachen
Welche Auswirkungen hat die Migration auf die Lebenshilfe?
Deutschland ist heute ein Einwanderungsland. Im Jahr 2020 war mehr als ein Viertel der Bevölkerung entweder selbst nach Deutschland eingewandert oder hat zumindest einen Elternteil, der im Ausland geboren wurde.
Das zeigt sich auch in den Diensten und Einrichtungen der Lebenshilfe: In den Bereichen Frühförderung, Kita und Ambulante Familienhilfe machen eingewanderte Familien mit Kindern mit Behinderung einen erheblichen Teil der Klienten aus. Diese Entwicklung hat unterschiedliche Auswirkungen auf die Lebenshilfe. Daher ist es wichtig, sich auf das Klientel einzustellen und sich konzeptionell mit dem Thema Vielfalt und Teilhabe von allen Menschen zu beschäftigen. Es müssen Ideen entwickelt und umgesetzt werden, um Menschen zu erreichen und die Selbsthilfe von Menschen mit Migrationshintergrund zu stärken.
Eine konzeptionelle Beschäftigung mit den Themen Vielfalt und Teilhabe beinhaltet nicht nur, sich auf die Klientel einzustellen, sondern auch, Menschen mit Migrationshintergrund auf allen Ebenen der Vereinsstrukturen einzubinden. Hierfür müssen Menschen mit Migrationshintergrund zur aktiven Mitarbeit in den Vereinsstrukturen motiviert werden. Das bedeutet, dass die Lebenshilfe Menschen mit Migrationshintergrund als Mitglieder, als Kolleg*innen und auch als ehrenamtliche Vorstände gewinnen will. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe hat sich auf den Weg gemacht: Sie entwickelt dafür aktuell mit einer Gruppe aus sieben Vertreter*innen der Bundes-, Landes- und Ortsebene Umsetzungsstrategien. Die Gruppe besteht aus Menschen mit und ohne Migrationshintergrund.
Letzte Projekte der Lebenshilfe
Migration-Behinderung-Selbsthilfe
Zur Stärkung und Förderung der Selbsthilfe von Angehörigen mit Migrationshintergrund hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe ein dreijähriges Modellprojekt im September 2020 erfolgreich beendet. Das Projekt wurde vom Bundesverband der AOK und der AOK Baden-Württemberg gefördert. Während des Projektzeitraumes wurde eine türkisch-deutsche Selbsthilfeplattform mit Namen "Kendimiz" gegründet. Außerdem sind an drei Standorten sehr unterschiedliche Selbsthilfegruppen entstanden (und zwar in Köln, Berlin und Frankfurt am Main).
Auf der Basis der Ergebnisse aus dem Modellprojekt hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe eine kommentierte Checkliste erstellt. Neben den einzelnen Umsetzungsschritten bildet sie auch die Gründungsphasen kultursensibler Selbsthilfegruppen ab und enthält wichtige Tipps und Hinweise.
Für uns mit uns
Auch weiterhin will die Bundesvereinigung Lebenshilfe die Selbsthilfe von Angehörigen von Menschen mit Behinderung und Migrationshintergrund stärken. Im Anschluss an das im September 2020 ausgelaufene Projekt „Migration-Behinderung-Selbsthilfe“ wurde das dreijährige Projekt „Für uns mit uns“ konzipiert und mit Hilfe der Förderung durch Aktion Mensch umgesetzt. Das Projekt zielt auf eine Sensibilisierung für das Thema Migration und Behinderung und eine weitere Verbreitung von kultursensiblen Selbsthilfegruppen innerhalb der Lebenshilfe ab. Außerdem geht es um eine bessere Vernetzung der Selbsthilfestrukturen.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an Dr. Silva Demirci.
Ergebnisse der letzten Projekte
Kommentierte Checkliste zur Gründung kultursensibler Selbsthilfegruppen
Mit dieser Checkliste möchte die Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. Menschen, die eine Selbsthilfegruppe gründen möchten und Mitarbeitenden von Diensten und Einrichtungen der Behindertenhilfe eine erste Orientierung bieten. Diese Arbeitshilfe wurde für die kultursensible Selbsthilfe im Bereich der Behindertenarbeit entwickelt. Ihre Übertragung oder Modifizierung ist auch auf andere Bereiche der Selbsthilfe möglich.
Forderungen der Expert*innengruppe Kultursensible Selbsthilfe
Deutschland hat sich nach der Ratifizierung 2009 zur UN-Behindertenrechtskonvention bekannt, womit die Teilhabe aller Menschen als Ziel formuliert wurde. Die Selbsthilfe ist ein partizipatives Element der Teilhabe. Daher sind eine strukturelle Verankerung und dauerhafte Finanzierung der Selbsthilfe unabdingbar. Das gilt im besonderen Maße für kultursensible und bedarfsspezifische Selbsthilfegruppen. Sie benötigen eine kontinuierliche und längerfristige Begleitung.
In einem Forderungspapier wurden die gemeinsamen Forderungen der Expert*innengruppe Kultursensible Selbsthilfe an die Politik zur nachhaltigen Etablierung der Selbsthilfe als diversitätssensibles Angebot festgehalten. Das Dokument finden Sie hier bei den Ergebnissen unserer Projekte.
Lebenshilfe-Netzwerk kultursensible Arbeit
Das stetig wachsende Lebenshilfe-Netzwerk „Kultursensible Arbeit“ wurde 2021 im Rahmen des dreijährigen Projektes „Für uns mit uns“ der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. ins Leben gerufen. Das Netzwerk verbindet deutschlandweit Mitarbeitende der Lebenshilfen, die sich professionell mit dem Thema Migration und Behinderung beschäftigen und/oder sich in einem kulturell vielfältigen Arbeitsumfeld bewegen. Die Verbindung im Netzwerk ermöglicht einen schnellen persönlichen Austausch und direkte Information zu unterschiedlichsten Fragen.
Sie arbeiten bei der Lebenshilfe und interessieren sich für eine aktive Mitwirkung im Netzwerk kultursensible Arbeit?
Bitte schreiben Sie an das Netzwerk Kultursensible Arbeit.