1970er Jahre – Rehabilitation statt Verwahrung
Geistig behinderte Menschen sind unabhängig von der Schwere ihrer Behinderung in die Gesellschaft einzugliedern.

Der Grundgedanke der Lebenshilfe, geistig behinderte Menschen unabhängig von der Schwere ihrer Behinderung in die Gesellschaft einzugliedern, findet in Politik und Gesellschaft unter dem Schlagwort „Rehabilitation statt Verwahrung“ immer stärker Gehör. Die Lebenshilfe baut ein differenziertes Netz der Hilfen für behinderte Menschen auf: Zu Kindergärten, Schulen und Tagesstätten kommen jetzt Frühförderstellen, Werkstätten und Wohneinrichtungen.

Werkstatt für behinderte Menschen - Arbeit in der Schlosserei
Die Reform der Psychiatrie erreicht unter dem Schlagwort „Enthospitalisierung“ mehr als 20.000 geistig behinderte Menschen, die in psychiatrischen Krankenhäusern unter teils menschenunwürdigen Verhältnissen leben. Mit den Themen „Geistige Behinderung, Partnerschaft, Sexualität“, „Hilfen für schwer geistig Behinderte“ setzt die Lebenshilfe neue wichtige Akzente.
Beiträge zu den 1970er Jahren

Bereits 1962 hatte die Lebenshilfe in einem ersten Rahmenprogramm Früherkennung eingefordert. Ende der 1960er-Jahre boten einzelne örtliche Initiativen in Lebenshilfe-Sonderkindergärten erstmals Frühe Hilfen an. Die entscheidenden Impulse erhielt die Frühförderung jedoch im folgenden Jahrzehnt.
Die medizinische Forschung rückte in den 1970er-Jahren die Formbarkeit des frühkindlichen Gehirns ins Blickfeld, dessen Gewicht sich z.B. in den ersten drei Lebensjahren verdreifacht. Im Juni 1970 wurde das Vorsorge- und Früherkennungsprogramm für Säuglinge und Kleinkinder eingeführt. Im Herbst 1973 veröffentlichte der Deutsche Bildungsrat seine Empfehlungen „Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“. 1974 wurde die öffentliche Finanzierung der Frühförderung nach dem Bundessozialhilfegesetz auch auf Kinder unter drei Jahren ausgedehnt.
Die Lebenshilfe trieb mit ihrer Studientagung im Mai 1974 in Gelsenkirchen die öffentliche Diskussion voran. Beim Thema „Frühe Hilfen – wirksamste Hilfen“ kamen PädagogInnen, PsychologInnen und MedizinerInnen ebenso zu Wort wie Eltern, BewegungsexpertInnen, VerwaltungsbeamtInnen und JuristInnen. In Gelsenkirchen wurden die bis dahin gesammelten wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen ausgetauscht.
Schwerpunkte und Ausrichtung der Frühförderung haben sich im Lauf der Jahre mehrfach geändert. Bei den Inhalten, Organisations- und Arbeitsweisen standen mal die Eltern, mal das Kind, mal die Fachkräfte im Vordergrund. Heute ist ein ganzheitlicher Ansatz vorherrschend. Im Sinne des Lebenshilfe-Prinzips der „Hilfe zur Selbsthilfe“ werden gemeinsam mit der Familie und den beteiligten Fachdisziplinen die für das Kind angemessenen Frühförderungsmaßnahmen abgestimmt, damit es sich in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt so gut wie möglich entwickeln kann. Diese Art der Frühförderung verhilft behinderten Kindern zu mehr Lebensfreude und Teilhabe am Leben.
Warum Frühförderung?
Das Konzept der Frühförderung fußt auf medizinischen, pädagogischen, psychologischen und soziologischen Erkenntnissen. Danach wird die Ausdifferenzierung und Reifung des zentralen Nervensystems von erzieherischen Anregungen, sozialen Handlungen und der Kommunikation mit der Umwelt in den ersten Lebensjahren des Kindes (sensible Phasen) entscheidend beeinflusst. Deshalb ist Frühförderung Vorbeugung. Sie versucht durch Früherkennung, -therapie und -erziehung behinderter und entwicklungsgefährdeter Kinder Entwicklungsverzögerungen so weit wie möglich auszugleichen. Eltern und Fachleute arbeiten eng zusammen, um die Entwicklung des Kindes in seiner direkten Umwelt anzuregen. Ziele sind eine weitgehende Integration in den Familienalltag und ein möglichst „normaler“ Lebensweg.
Bitte lesen Sie dazu auch "50 Jahre Lebenshilfe - 30 Jahre Frühförderung", den Beitrag von Hans-Volker Wagner. Hans-Volker Wagner war Referent für Frühförderung und Leiter des Lebenshilfe-Verlags in der Bundesgeschäftsstelle der Lebenshilfe.

In den Gründungsjahren der Lebenshilfe stand die Förderung geistig behinderter Kinder im Blickpunkt. Für Erwachsene mit geistiger Behinderung, die Euthanasie und Krieg überlebt hatten, gab es dagegen keine Angebote. Für diese wenigen und für die ersten Schulabgänger geeignete Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, war das nächste Ziel der Lebenshilfe.
Von Beginn an wollte die Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung nicht nur Beschäftigung anbieten. Die Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit durch sinnvolle Arbeit in der Gemeinschaft war ihr Ziel. Aus der „Bastel- und Werkstube“ entstand die „beschützende Werkstatt“, später die „Werkstatt für Behinderte“, heute die „Werkstatt für behinderte Menschen“.

Seit den 1970-er Jahren bietet die Lebenshilfe eine große Vielfalt an Arbeitsplätzen und Produktionsbereichen. Hier können Menschen mit Behinderung ihren Wünschen und Möglichkeiten gemäß tätig sein: in der Eigenfertigung marktgängiger Produkte, in der Lohnfertigung wie z.B. Montage oder bei Dienstleistungen (Gastronomie, Wäscherei, Elektronik-Recycling u.a). Zur Arbeit gehen wie andere auch macht behinderte Menschen stolz und selbstbewusst.
Vor allem jüngere Eltern forderten Ende der 1980er-Jahre, dass Menschen mit Behinderung dort lernen und arbeiten, wo auch Nichtbehinderte tätig sind. Die Lebenshilfe griff diese Forderung Anfang der 1990er-Jahre in ihrem Grundsatzprogramm auf. Die Werkstatt wird nicht infrage gestellt, doch ermuntert die Lebenshilfe ihre Werkstätten, sich zu öffnen und Übergänge in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen.

Die Bedingungen für Integration sollen verbessert werden durch eine qualifizierte Ausbildung, die Bereitstellung entsprechender Dienste, wie z. B. der Arbeitsassistenz sowie der Beseitigung rechtlicher und praktischer Hindernisse.
Heute wird der beruflichen Bildung von Menschen mit Behinderung ein hoher Stellenwert beigemessen. Bildungszentren und Praktika, Außenarbeitsgruppen und externe Bildungsmaßnahmen erleichtern den Übergang in die normale Arbeitswelt. Die Werkstätten bieten Arbeitsplätze intern oder in Unternehmen bzw. Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes an. Die veränderten Anforderungen erfordern ein neues Selbstverständnis des Personals. Aus dem Gruppenleiter ist die (geprüfte) Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung geworden. Die „Begleitenden Dienste“ sorgen für die pädagogische, soziale, psychologische und ärztliche Betreuung. In den Werkstatträten vertreten sich die Menschen mit Behinderungen selbst.
Mit der Einführung des Persönlichen Budgets wird die Stellung des behinderten Menschen verändert: Er kann selbst entscheiden, wo er am Arbeitsleben teilhaben möchte, wer ihn unterstützt, wo und wie er durch berufliche Bildung auf das spätere Arbeitsleben vorbereitet wird. Ziel ist es, auch im Arbeitsleben von Menschen mit Behinderung die Teilhabe in der Gemeinde und in örtlichen Unternehmen oder Integrationsfirmen zu fördern.
Die Lebenshilfe hat wesentlichen Anteil am Ausbau eines flächendeckenden Netzes an Werkstätten für behinderte Menschen, die heute ca. 245 000 Menschen (Stand 2007) ein Recht auf Arbeit garantieren.
Bitte lesen Sie dazu auch "Gestaltung des Werkstattrechts durch die Lebenshilfe", einen Beitrag von Dr. Sabine Wendt. Dr. Sabine Wendt war Juristin in der Abteilung Recht, Sozialpolitik und Ethik in der Bundesgeschäftsstelle der Lebenshilfe, und "Die Entwicklung der Teilhabe am Arbeitsleben", einen Beitrag von Jana Kohlmetz. Jana Kohlmetz war Referentin für Arbeitsleben in der Abteilung Konzepte in der Bundesgeschäftsstelle der Lebenshilfe.

„Wir möchten die Wahl haben, wo und wie wir wohnen, mit den Eltern, zu zweit oder mit Freunden, im Wohnheim, in einer Außenwohngruppe oder Wohngemeinschaft. Es soll auch betreutes Wohnen geben.“
Wünsche geistig behinderter Menschen an den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau
Lange Zeit wurden Menschen mit geistiger Behinderung entweder in einer Anstalt versorgt, oder sie lebten so lange wie möglich in ihrer Familie. Beim Tod ihrer Eltern mussten sie meistens in eine Anstalt oder in ein Altersheim übersiedeln – ein Wechsel, der für sie oft sehr schwer war. Sie waren selbst schon in höherem Alter und hatten nun Familie und gewohnte Umgebung verloren. Ihr Leben lang blieben sie Abhängige und wurden oft wie Kinder behandelt.
Die Lebenshilfe entwickelte dagegen das Konzept des gemeindenahen Wohnens. Als ein „zweites Zuhause“ sollten die Wohnangebote dazu beitragen, dass die erwachsenen Menschen mit Behinderung die Bindung an Verwandte, Freunde und Bekannte aufrechterhalten und neue Kontakte knüpfen konnten. Einen Meilenstein in der Diskussion bildete 1981 in Aachen die Lebenshilfe-Studientagung „Humanes Wohnen – seine Bedeutung für das Leben geistig behinderter Erwachsener“.
Die Entwicklung der Wohnstätten verlief ebenso rasant wie die der anderen Lebenshilfe-Einrichtungen:
1968, zehn Jahre nach der Gründung der Lebenshilfe, lebten in sechs Wohnstätten gut 100 Menschen mit geistiger Behinderung.
Anfang der 1980er-Jahre waren es bereits 8100 Menschen in mehr als 500 Wohnstätten.
2004 ergab eine verbandsinterne Erhebung 33 000 Menschen in 4000 Wohneinrichtungen.
Bis heute nutzen die Menschen mit geistiger Behinderung besondere, auf sie abgestimmte Wohnformen. Vielerorts errichtete die Lebenshilfe kleine Einheiten mit vielfältigen, differenzierten Angeboten wie Wohngemeinschaften und Betreutem Wohnen für Einzelne oder Paare. Hier leben die Menschen mit geistiger Behinderung weitgehend selbstständig wie andere Menschen auch. Als Solidargemeinschaft der Eltern, Angehörigen und Freunde geistig behinderter Menschen übernimmt die Lebenshilfe die Verantwortung für Zukunft und Alter derjenigen, die ihre Eltern überleben.

Angesichts des demografischen Wandels steht die Lebenshilfe heute vor einer neuen Herausforderung. Der aus Sicht der Lebenshilfe weiterhin notwendige Ausbau von Wohnmöglichkeiten – insbesondere für älter werdende und Menschen mit hohem Hilfebedarf – wird aus Kostengründen immer mehr infrage gestellt. Behinderte Menschen sollten im Erwachsenenalter die Möglichkeit haben, zwischen Wohnformen zu wählen. Ambulante Wohnformen bekommen eine größere Bedeutung; allerdings muss hier eine angemessene Begleitung sichergestellt werden. Als Kosteninstrument sind sie nicht geeignet.
Bitte lesen Sie dazu auch "Von stationären Wohnformen zu differenzierten Unterstützungsformen", den Beitrag von Klaus Kräling. Klaus Kräling war Referent für Wohnen, Freizeit und Sport in der Abteilung Konzepte der Bundesgeschäftsstelle der Lebenshilfe.

In der westdeutschen Wohlstandsgesellschaft lebten in den 1970er-Jahren bis zu 20 000 Menschen mit geistiger Behinderung in psychiatrischen Krankenhäusern in menschenunwürdigen Verhältnissen.
Oft waren sie nicht psychiatrisch behandlungsbedürftig, sondern Opfer von Lücken im Hilfesystem. Es fehlten geeignete Wohnformen bzw. die Familien oder Wohnstätten kamen mit der Betreuung nicht mehr zurecht.
Doch allmählich formierte sich Widerstand und die politisch Verantwortlichen wurden aktiv. Besondere Bedeutung gewann 1975 die Psychiatrie-Enquête des Deutschen Bundestages mit ihren Vorschlägen für die gemeindenahe und bedarfsgerechte Versorgung der Menschen, die bisher in psychiatrischen Krankenhäusern lebten.
Als besonders reformbedürftig galten die Langzeitbereiche mit teilweise hohem Anteil geistig behinderter Menschen. Nun war von „Fehlplatzierung“ und „Ausgliederung aus der Psychiatrie“ die Rede. Doch die Reformempfehlungen wurden nur zögerlich umgesetzt. Auf Kritik der Reformer stieß die Praxis, behinderte Menschen aus den Krankenhäusern in Pflegeheime und andere Großeinrichtungen zu „verschieben“.
Bei der Lebenshilfe boten die bereits wenige Jahre nach der Gründung eingerichteten ersten Wohnheime eine Alternative zur psychiatrischen Unterbringung von Menschen mit geistiger Behinderung. Die regionale Gesamtverantwortung für Menschen mit geistiger Behinderung zu übernehmen, bleibt für die Lebenshilfe auch heute eine wichtige Aufgabe.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde die bedrückende Lage geistig behinderter Menschen in Ostdeutschland sichtbar. Dort lebten um 1990 rund 6000–9000 von ihnen in psychiatrischen Krankenhäusern. Mit dem von ihr initiierten „Magdeburger Appell“ (1993) sowie Empfehlungen zum Wohnen (1996) und zur Enthospitalisierung (1998) setzte sich die Lebenshilfe in vorderster Reihe für Reformen ein.
Mit der Enthospitalisierung rückten auch Menschen mit geistiger Behinderung ins Blickfeld, die eine besonders individuelle Hilfe brauchen: behinderte Menschen mit zusätzlichen auffälligen Verhaltensweisen, mit psychischen Problemen, in Krisen oder schwierigen Lebensphasen, mit zusätzlichen Behinderungen oder Erkrankungen.
Die Verantwortung der Lebenshilfe, für jeden behinderten Menschen in ihrer Region einen Wohnplatz, eventuell besondere Wohnplätze, eine Tagesbetreuung, oder Beratung und Krisenintervention anzubieten, wächst.
Bitte lesen Sie dazu auch "Psychiatriereform", einen Beitrag von Dr. Christian Bradl. Dr. Christian Bradl ist Dipl.-Pädagoge und war Abteilungsleiter im Heilpädagogischen Heim Düren.

Die Lebenshilfe war seit den 1960er-Jahren an weltweiten Fachtagungen und Kongressen aktiv beteiligt. In den 1970er-Jahren konnte sie Fachleute aus aller Welt für zwei internationale Symposien in Marburg gewinnen.
1975 diskutierten 37 Fachleute aus elf Ländern das Thema „Geistige Behinderung, Partnerschaft, Sexualität“.
1978 folgte das internationale Symposium „Verhaltenstherapien im Rahmen der Gesamtförderung geistig Behinderter“ mit 44 teilnehmenden Experten aus zwölf Ländern.
Zu beiden Veranstaltungen erschienen 1976 und 1979 Berichtsbände, hier die Titelblätter:
- Geistige Behinderung, Partnerschaft, Sexualität
- Verhaltenstherapien im Rahmen der Gesamtförderung geistig Behinderter
In den reformfreudigen 1970er-Jahren bildete der fachliche Austausch internationaler Erfahrungen in der Arbeit mit geistig behinderten Menschen einen Schwerpunkt. Die Erkenntnisse aus dem Ausland sollten bei der Konzeptentwicklung von Lebenshilfe-Angeboten berücksichtigt werden. Dieser grenzüberschreitende Diskurs gibt der Lebenshilfearbeit nach wie vor wichtige Impulse. Ein Beispiel ist die Sensibilisierung für ethische Fragen, an der die Lebenshilfe auf internationaler Ebene sehr interessiert ist.
Nach den Gräueln des Nationalsozialismus u. a. mit dem „Euthanasie“-Programm und den verheerenden Folgen des Zweiten Weltkriegs musste das Rehabilitationsrecht in der Bundesrepublik Deutschland auf eine neue, demokratische Basis gestellt werden. Es galt zunächst, 1,5 Millionen Kriegsversehrte wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Rechtliche Grundlagen waren das Bundesversorgungsgesetz (1950), das Schwerbeschädigtengesetz (1953) und die Rentenreform (1957). Das Körperbehindertengesetz (1957) und das Bundessozialhilfegesetz (1962) regelten auch die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Hatten vorher nur „Bedürftige“ Anspruch auf staatliche Hilfe, galten nun besondere Einkommensgrenzen, die den Kreis der Anspruchsberechtigten stark erweiterten.
Im Rahmen des allgemeinen sozialpolitischen Aufbruchs verabschiedete die sozialliberale Bundesregierung 1970 ein Aktionsprogramm zur Förderung der Rehabilitation. Es fand 1974 im Schwerbehinderten- und im Rehabilitationsgesetz seine ersten wesentlichen Niederschläge. In der Änderung des Schwerbehindertengesetzes (1986) wurde auch das Recht der behinderten Menschen auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben näher beschrieben.
Stichwort: Schwerbehindertengesetz
Das „Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft“ vom 24. April 1974 löste die besonderen Hilfen für schwerbehinderte Menschen endgültig von der Ursache einer Kriegsbeschädigung ab und stellte auch geistig behinderte Menschen allen anderen Behinderten rechtlich gleich. Ebenfalls 1974 wurden mit dem „Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation“ die Krankenkassen als Rehabilitationsträger offiziell anerkannt. Das Schwerbehindertengesetz wurde 2001 in das „Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“ eingestellt. Es fasst das Recht und die Rehabilitation behinderter Menschen erstmals in einem einheitlichen Regelungswerk zusammen.

Eine Erbschaft ermöglichte 1974 den Umzug der Bundeszentrale der Lebenshilfe in das neue Haus in der Raiffeisenstraße 18 in Marburg.
Heute arbeiten hier rund 80 hauptamtliche Angestellte (Stand 2008).
Die Bundesvereinigung versteht sich als Interessenvertreterin für geistig behinderte Menschen, als Wächterin und treibende Kraft von Entwicklungen in der Behindertenarbeit.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle leisten hierzu auf der Basis der Entscheidungen der Bundesgremien den hauptamtlichen Beitrag zur bundesweiten Konzeptentwicklung. In diesem Sinne ist sie eine Dienstleisterin für die örtlichen Lebenshilfe-Vereinigungen, deren Einrichtungen und Dienste sowie für die Landesverbände. Sie stellt die Zusammenarbeit mit PraktikerInnen in Projektgruppen und Ausschüssen sicher. Ihre Aktivitäten beziehen sich auf die wichtigsten Lebensbereiche geistig behinderter Menschen wie Wohnen, Arbeit, Freizeit und Schule. Den Einrichtungen dienen die praxisorientierten, innovativen Konzepte zur Orientierung und Anregung.
Die Bundesgeschäftsstelle betreibt Lobbyarbeit und nimmt Einfluss auf die Sozialpolitik. Gegenüber der Politik in Legislative und Exekutive und der Rechtsprechung vertritt sie die Rechte geistig behinderter Menschen.
Hohen Stellenwert hat die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Pressestelle vermittelt die Themen der Lebenshilfe durch regelmäßige Mitteilungen an Printmedien, Rundfunk, Fernsehen und Internet. Auch Spendenwerbung, Sponsoring, Merchandising und Veranstaltungen gehören dazu.
Im Verlag der Bundesvereinigung Lebenshilfe erscheinen Fachbücher und -broschüren sowie die Fachzeitschrift „Geistige Behinderung“. Die Empfehlungen und Ratgeber der Bundesvereinigung geben Einrichtungsträgern und Eltern wichtige Informationen.
In der öffentlichen Lebenshilfe-Bibliothek befinden sich mehr als 12 000 Bücher, Zeitschriften und andere Medien. Die Bücher können bundesweit ausgeliehen werden (Stand 2008).
Jährlich finden in der Bundesgeschäftsstelle zahlreiche überregionale Seminare, Lehrgänge und Workshops zur Fort- und Weiterbildung von Eltern, Fachleuten und behinderten Menschen statt.
Die Jahre:
Ereignisse:
Die siebte Studientagung der Lebenshilfe in München steht unter dem Motto „Beratung – lebensbegleitende Hilfe für Behinderte“.
Die Bundesvereinigung Lebenshilfe erhält die Theodor-Heuss-Medaille für ihre Verdienste im gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland.
Ereignisse
4. Ordentliche Mitgliederversammlung:
Prof. Dr. Eberhard Schomburg wird als Bundesvorsitzender bestätigt.
Bundesvorstand:
Prof. Dr. Eberhard Schomburg (Bundesorsitzender)
Prof. Dr. Heinz Bach
Dr. Udo Güde
Prof. Dr. Hubert Harbauer
Bert Heinen
Dr. Paul Schädler
Hubertus Stroebel
Ereignisse:
23 Wohnstätten
Ereignisse:
Der Deutsche Bildungsrat veröffentlichte seine Empfehlung "Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher".
70 000 Mitglieder
Ereignisse:
8. Studientagung in Gelsenkirchen: „Frühe Hilfen - wirksamste Hilfen" . Sie gibt wichtige Impulse für die Frühförderung.
Umzug in das neue - durch eine Erbschaft ermöglichte - Haus der Bundeszentrale der Lebenshilfe, Raiffeisenstr. 18 in Marburg-Cappel
Dr. h.c. Tom Mutters ist von nun an Bundesgeschäftsführer der Bundesvereinigung Lebenshilfe (vorher: hauptamtl. Geschäftsführer).
69 490 Mitglieder
250 Werkstätten für Behinderte
78 Wohnstätten

Menschen:
Prof. Dr. Ludwig von Manger-Koenig
Bundesvorsitzender 1975 bis 1983
Ereignisse:
Internationales Symposium in Marburg in der neuen Bundeszentrale: "Geistige Behinderung, Partnerschaft, Sexualität"
Leitung: Dr. Gregor Katz, Schweden
37 TeilnehmerInnen aus 11 Ländern
Deutsch und Englisch
Berichtsband erscheint 1976
5. Ordentliche Mitgliederversammlung
Bundesvorstand:
Prof. Dr. Ludwig von Manger-Koenig (Bundesvorsitzender)
Gerd Bonn-Meuser
Dr. Leo Pünnel
Hubertus Stroebel
Ingeborg Thomae
Ehrenvorsitzende:
Prof. Dr. Schomburg
Bert Heinen
Kooptierte Mitglider:
Prof. Dr. U. Kasztantowicz
Dr. H. Krebs
392 Orts- und Kreisvereinigungen
80 000 Mitglieder
Ereignisse:
9. Studientagung in Hamburg: „Hilfen für schwer geistig Behinderte – Eingliederung statt Isolation"
133 Wohnstätten
Ereignisse:
Internationales Symposium in Marburg: "Verhaltenstherapien im Rahmen der Gesamtförderung geistig Behinderter"
Leitung: Dr. Richard Sanders, USA
44 TeilnehmerInnen aus 12 Ländern
der Berichtsband erscheint im September 1979
20 Jahre Bundesvereinigung Lebenshilfe, Festakt in Bonn
Außerordentliche Mitgliederversammlung in Bonn
Schwerpunktthemen:
- Die besondere Stellung der Eltern/Sorgeberechtigten innerhalb der Lebenshilfe
- Die Bedeutung der Trägerschaften für die Lebenshilfe
- Die organisatorische Struktur der Lebenshilfe und deren Finanzierung
200 Wohnstätten
Aufnahme der "Kontaktgespräche":
Ab 1978 fanden regelmäßige Kontaktgespräche der Bundesvereinigung Lebenshilfe mit dem Verband für anthroposophische Heilpädagogik, Sozialtherapie und soziale Arbeit, dem Bundesverband evangelische Behindertenhilfe sowie der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie sowie seit 2005 dem Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte statt.