Ein kleines Mädchen, lachend und in Bewegung.
© Lebenshilfe / David Maurer
Kinder und Jugendliche

Die Reform der Kinder- und Jugendhilfe

Bundestag und Bundesrat haben das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz verabschiedet. Es sieht viele Verbesserungen für Menschen mit Beeinträchtigung vor.

Gemeinsam zum Ziel: Inklusive Kinder- und Jugendhilfe

Unter dem Motto "Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die inklusive Kinder- und Jugendhilfe!" startete im April 2022 der Beteiligungsprozess des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend zur inklusiven Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe.

Der Prozess gliedert sich in drei Bausteinen:

  • Beteiligung der Fachöffentlichkeit
  • Beteiligung der Expert*innen in eigener Sache
  • Wissenschaftliche Begleitung

Beteiligung der Fachöffentlichkeit

Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII
© Lebenshilfe/David Maurer

Wie bereits beim letzten Dialogprozess beteiligt das Bundesfamilienministerium wieder eine breite Fachöffentlichkeit, um ihre Expertise auf eine Inklusive Kinder- und Jugendhilfe einzubringen. In einer Arbeitsgruppe mit 88 Vertreter*innen aus der Kinder- und Jugend-, Behinderten- und Gesundheitshilfe sowie aus Bund, Ländern und Kommunen werden Themen wie beispielsweise ein einheitlicher Leistungstatbestand, Art und Umfang der Leistungen, Persönliches Budget für die Kinder- und Jugendhilfe sowie Bedarfsermittlung bzw. Hilfeplanung in fünf Sitzungen beraten.

Die Arbeitsgruppe übernimmt mit ihrer Expertise die zentrale Rolle, die gesetzliche Ausgestaltung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe zu erörtern und zu diskutieren. Außerdem erhält sie durch regelmäßige Berichte aus den Bereichen "Wissenschaft" und "Beteiligung von Expertinnen in eigener Sache" sowie "Online-Kommentaren zu den Arbeitspapieren" weiteren Input. Für die Koordinierung des Prozesses "Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die inklusive Kinder- und Jugendhilfe!" wurde eine Geschäftsstelle bei der Stiftung Sozialpädagogisches Institut Berlin (SPI) eingerichtet. Über die dazugehörige Webseite besteht die Möglichkeit, den aktuellen Beteiligungsprozess zu verfolgen:

Beteiligung der Expert*innen in eigener Sache

Nicht über uns, ohne uns: Es werden auch Expert*innen in eigener Sache beteiligt – Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigung sowie Eltern. Über dies sind Fachexpert*innen aus der Praxis und Vertreter*innen aus der Wissenschaft vertreten.

Wissenschaftliche Begleitung des Prozesses

Die bevorstehende Verwaltungsumstellung der Kinder- und Jugendhilfe wird wissenschaftlich begleitet. Unter Leitung des Deutsches Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung Speyer werden in fünf Modellkommunen neue Zuständigkeitsstrukturen erprobt. Die Folgen der Umstellung sollen ermittelt, Verfahrenswege erforscht und Hindernisse identifiziert werden. Darüber hinaus wird eine prospektive Gesetzesfolgenabschätzung durchgeführt.

Verfahrenslotsen unterstützen Familien von Kindern mit Beeinträchtigung

Ab dem 1. Januar 2024 sollen Verfahrenslots*innen im Jugendamt Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung bei der Verwirklichung, Verfolgung und Wahrnehmung von Eingliederungshilfeleistungen unterstützen. Für die Einführung von Verfahrenslots*innen sind aktuell zwei Formate in der Entwicklung:

Weiterführende Links zum Beteiligungsprozess

Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Pflege Kinder
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Mit der Verabschiedung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes am 7. Mai 2021 im Bundesrat hat das Gesetz seine letzte Hürde genommen. Damit ist der Weg frei für mehr Chancengerechtigkeit von jungen Menschen mit Behinderung. Das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz schafft die Voraussetzung für mehr Teilhabe von jungen Menschen mit Beeinträchtigung und deren Familien an den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe. Am 1. Juli 2021 ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz in weiten Teilen in Kraft getreten. Viele Forderungen der Bundesvereinigung Lebenshilfe wurden im Gesetz berücksichtigt.

Was ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz und wann tritt was in Kraft?

Die wesentlichen Neuerungen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII
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In einigen Regelungsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe sollen die Belange von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung stärker berücksichtigt werden. Die Kinder- und Jugendarbeit soll künftig die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit ihrer Angebote für junge Menschen mit Beeinträchtigung sicherstellen. Für die insofern erfahrene Fachkraft im Kinderschutz gilt zukünftig, dass sie über Kenntnisse zu den spezifischen Schutzbedürfnissen von jungen Menschen mit Behinderung verfügen muss. Denn die Schutzbedürfnisse von jungen Menschen mit Beeinträchtigung sollen im Kinderschutz stärker in den Blick genommen werden. 

Nicht ohne uns, über uns – Selbstvertretung steht nun auch im Kinder- und Jugendhilferecht. Selbstorganisierte Zusammenschlüsse, wie z. B. Elternorganisationen, bekommen die Möglichkeit, sich an den Entscheidungsprozessen der Kinder- und Jugendhilfe zu beteiligen. Unter Selbstvertretungen werden sowohl die innerhalb von Einrichtungen und Institutionen als auch im Rahmen gesellschaftlichen Engagements zur Wahrnehmung eigener Interessen verstanden. Auch verschiedenen Formen der Selbsthilfe werden darunter gefasst. Damit auch junge Menschen mit Beeinträchtigung sich an den Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe beteiligen können, soll sowohl die Beteiligung als auch Beratung in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

Weiterhin legt das neue Gesetz fest, dass Kinder mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam in Kindertageseinrichtungen gefördert werden sollen. Die getrennte Zuständigkeit soll voraussichtlich im Jahr 2028 aufgehoben werden. Mit der Zusammenführung der Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigung im SGB VIII werden Barrieren abgebaut, die bisher jungen Menschen mit Beeinträchtigung den gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erschwert haben.

Der Übergang zur Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für junge Menschen mit und ohne Beeinträchtigung soll vorbereitet, wissenschaftlich begleitet und überprüft werden. Ein wesentlicher Meilenstein auf diesem Weg ist der Verfahrenslotse. Ab 2024 erhalten Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung einen Verfahrenslotsen, der sie im Jugendamt unterstützt. Ziel ist es, dass spätestens bis zum 1. Januar 2027 ein Bundesgesetz verabschiedet wird, dass konkrete Regelungen für die Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe enthält.

Die Bundesvereinigung Lebenshilfe wird sich weiterhin für mehr Teilhabe von Kindern und Jugendlichen einsetzen.

Weitere Informationen zur Reform der Kinder- und Jugendhilfe

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