Presse
14.03.2018 Inklusion und Teilhabe

"Ich will nicht abgetrieben werden, sondern auf der Welt bleiben"

Das sagte live im Fernsehen die 19-jährige Natalie Dedreux aus Köln zu Bundeskanzlerin Angela Merkel und löste damit deutschlandweit einen großen Medienrummel aus. Für ihren beherzten TV-Auftritt ist die junge Frau mit Down-Syndrom gestern Abend in Berlin mit dem Lebenshilfe-Medienpreis BOBBY 2017 geehrt worden.

Natalie Dedreux erhält den BOBBY 2017 und Blumen von der Lebenshilfe-Bundesvorsitzenden Ulla Schmidt, MdB.
© Lebenshilfe / Bernd Lammel
Natalie Dedreux (links) erhält den BOBBY 2017 von der Lebenshilfe-Bundesvorsitzenden Ulla Schmidt, MdB.

Ulla Schmidt, MdB und Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, nannte Natalie Dedreux eine „Mutmacherin“, die sich für andere Menschen mit Behinderung selbstbewusst einsetze. Mit ihrem positiven Beispiel könne Natalie Dedreux werdenden Eltern die Angst vor dem Leben mit einem behinderten Kind nehmen.

Es war in der ARD-Sendung Wahlarena am 11. September 2017, als die Kölnerin von der Kanzlerin wissen wollte: „Wieso darf man Babys mit Down-Syndrom bis kurz vor der Geburt noch abtreiben?“ Am Ende ihrer sehr persönlichen Antwort sagte eine sichtlich bewegte Regierungschefin zu Natalie Dedreux: „Es steckt so viel in jedem, jeder kann etwas beitragen. Danke, dass Sie heute hier sind.“

Natalie Dedreux, die Autorin bei „Ohrenkuss“ ist – einem Magazin, für das ausschließlich Menschen mit Down-Syndrom schreiben – erhielt viel Beifall vom Publikum im TV-Studio. Anschließend wurde im Internet und in den Sozialen Netzwerken über sie berichtet. Zeitungen, Fernseh- und Radio-Sender machten Interviews mit ihr.

Die BOBBY-Verleihung fand im Rahmen des Parlamentarischen Abends der Bundesvereinigung Lebenshilfe in der Berliner Vertretung des Landes Baden-Württemberg statt. Unter den mehr als 250 Gästen waren Hans-Peter Friedrich, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, die Bundesministerinnen Katarina Barley und Barbara Hendricks sowie die Bundesbehindertenbeauftragte Verena Bentele.

Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte gestern Abend nicht zur Preisverleihung kommen. Über ihren Kanzleramtsminister Peter Altmaier hatte sie schriftlich ausrichten lassen: „Es ist eine schöne Nachricht, dass Frau Natalie Dedreux mit dem Medienpreis BOBBY während des Parlamentarischen Abends ausgezeichnet werden soll. Die Bundeskanzlerin hat das Gespräch mit Frau Dedreux vom 11. September 2017 in guter Erinnerung und schätzt ihren couragierten Einsatz für Menschen mit Behinderungen.“

Nur wenige Tage vor dem Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März nutzte Natalie Dedreux die Auszeichnung, um Politikern erneut ins Gewissen zu reden: „Es ist wichtig, dass es Menschen mit Down-Syndrom gibt, weil wir cool drauf sind. Und deshalb ist auch Inklusion wichtig, wo alle mitmachen dürfen und alle respektiert werden.“

Auch die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ist überzeugt davon, „dass die Welt noch viel inklusiver werden muss, damit Menschen mit Down-Syndrom, damit Menschen mit einer Behinderung in unserer Gesellschaft wirklich willkommen sind.“ Das heißt: Wenn Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam den Kindergarten und die Schule besuchen. Wenn sie sich später als Kollegen am Arbeitsplatz begegnen. Wenn sie als Nachbarn im selben Mehrfamilienhaus wohnen und in der Freizeit gemeinsam im Garten am Grill stehen.

Der BOBBY wird gefördert von der Bruderhilfe-Pax-Familienfürsorge, den Versicherern im Raum der Kirchen.

Wer ist der BOBBY?

Mit dem BOBBY, benannt nach seinem ersten Preisträger Bobby Brederlow, einem Schauspieler mit Down-Syndrom, würdigt die Bundesvereinigung Lebenshilfe seit 1999 vorbildliches Engagement, das aufklärt und Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung abbaut. Der Lebenshilfe-Medienpreis wird zum 18. Mal verliehen, er ist nicht mit einem Preisgeld verbunden.

Die bisherigen Preisträger(innen):

  • Annette Frier, Schauspielerin, und der WDR-Fernsehfilm "Nur eine Handvoll Leben" (2016)
  • FC Bayern München mit Karl-Heinz Rummenigge (2015)
  • Kai Pflaume, Showmaster (2014), für die ARD-Reihe "Zeig mir Deine Welt" mit Tom Auweiler, Verena Glatter, Ronja Nobbe, Anna Ring, Ottavio Tavormine und Sebastian Urbanski, die alle das Down-Syndrom haben
  • ChrisTine Urspruch, kleinwüchsige Schauspielerin, mit dem "Tatort" des WDR aus Münster (2013)
  • Claudia Kleinert, TV-Moderatorin (2012)
  • 2011 wurde der BOBBY nicht verliehen.
  • Willi Lemke, UN-Sonderberater für Sport (2010)
  • Juliana Götze, Schauspielerin mit Down-Syndrom, für ihre Rolle in der ARD-Krimiserie "Polizeiruf 110", Folge "Rosis Baby" (2009)
  • Menschen - das Magazin, ZDF-Sendereihe (2008)
  • Guildo Horn, Sänger, Entertainer und Moderator, für die SWR-Talkshow "Guildo und seine Gäste" (2007)
  • "In Sachen Kaminski", SWR-Fernsehfilm mit Juliane Köhler und Matthias Brandt (2006)
  • Rolf Zuckowski, Liedermacher (2005)
  • "Verrückt nach Paris", Kinofilm mit dem integrativen Bremer Theater Blaumeier-Atelier (2004)
  • Günther Jauch, Moderator und Showmaster (2003)
  • Peter Radtke, Schauspieler mit Glasknochen, ehemaliger Leiter der Arbeitsgemeinschaft Behinderung und Medien (2002)
  • "Lindenstraße", ARD-Fernsehserie, mit Jan Grünig in der Rolle des Martin "Mürfel" Ziegler, der das Down-Syndrom hat (2001)
  • Alfred Biolek, Talkmaster (2000)
  • Bobby Brederlow, Schauspieler mit Down-Syndrom, für seine Rolle im deutsch-österreichischen Fernseh-Vierteiler "Liebe und weitere Katastrophen", Erstausstrahlung in der ARD (1999)

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