Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigung.
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Barrierefreiheit
Weniger Barrieren – mehr Teilhabe und Inklusion #Barrierefreiheit

Barrierefreiheit in Deutschland

Menschen mit Beeinträchtigung haben das Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft – also auf Barrierefreiheit. Oft verhindern Barrieren im Alltag Inklusion und Teilhabe. Das führt dazu, dass aus Beeinträchtigungen Behinderungen werden.

Was heißt Barrierefreiheit eigentlich?

Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigung.
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Bei Barrierefreiheit geht es um die Gestaltung des allgemeinen Lebensumfeldes für alle Menschen. Das heißt zum Beispiel, dass:

  • Gebäude und öffentliche Orte,
  • Arbeitsplätze und Wohnungen,
  • Verkehrsmittel und Gebrauchsgegenstände,
  • Dienstleistungen und Freizeitangebote

so gestaltet werden, dass sie für alle Menschen ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Dabei sorgt das Konzept „Design für Alle“ für mehr Zugänglichkeit. Es zielt von Anfang an auf Inklusion durch den Einbezug der Nutzer*innen in die Gestaltung ihrer Umwelt ab.

Neben räumlicher Barrierefreiheit gibt es auch andere Bereiche des Lebens, in denen Barrieren abgebaut werden müssen, etwa durch mehr:

  • Barrierefreie Informationen,
  • Barrierefreie Kommunikation (z. B. Leichte Sprache),
  • Digitale Barrierefreiheit im Internet.

Warum ist Barrierefreiheit wichtig?

Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigung.
© Lebenshilfe / David Maurer

Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht und wichtig für Inklusion. Immer dann, wenn Menschen auf Barrieren stoßen, bleibt ihnen die volle Teilhabe an der Gesellschaft und somit ein selbstbestimmtes Leben verwehrt. Barrieren stehen nicht nur Menschen mit Behinderung im Weg, sondern auch:

  • Menschen ohne Beeinträchtigung,
  • Kindern und ihren Eltern,
  • Menschen mit Migrationshintergrund,
  • Senioren oder Menschen mit einer Erkrankung
  • oder Menschen, die nur vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.

Deshalb geht Barrierefreiheit uns alle an. Zum Beispiel hilft ein Aufzug in einer Arztpraxis nicht nur Eltern mit Kinderwagen, sondern auch älteren Menschen oder einem Menschen, der durch eine Verletzung Schwierigkeiten beim Treppensteigen hat. Informationen zur Corona-Pandemie in Leichter Sprache nutzen nicht nur Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, sondern zum Beispiel auch Menschen, die nicht gut deutsch sprechen oder kaum lesen können. Von Barrierefreiheit profitieren sie alle.

Aktion Mensch & "Orte für alle"

Mit der Kampagne #OrteFürAlle macht die Aktion Mensch auf die Probleme aufmerksam, die Barrieren im Alltag verursachen. Sie zeigt, wie wichtig Barrierefreiheit für Teilhabe und Inklusion ist.

Barrierefreiheit und die UN-Behindertenrechtskonvention

Mitbestimmung beim Arbeiten durch Menschen mit Behinderung
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Barrierefreiheit ist ein zentrales Thema der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Sie fordert in Artikel 9 ein Ende der Benachteiligung durch den Abbau von baulichen, kommunikativen und strukturellen Barrieren. Auch Deutschland hat sich dazu verpflichtet, Barrieren abzubauen und für mehr Barrierefreiheit zu sorgen.

Für Einrichtungen der Behindertenhilfe bedeutet die Umsetzung des Artikels 9 der UN-BRK, barrierefreien Zugang und Bewegung in ihren Gebäuden zu ermöglichen und Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen passende Kommunikationsmittel zugänglich zu machen. Zum Beispiel Informationen in Blindenschrift oder in Leichter Sprache. In diesem Zusammenhang gewinnt die digitale Barrierefreiheit zunehmend an Bedeutung.

Erfahrungen mit Aktionsplänen zur Umsetzung der UN-BRK haben gezeigt, dass es genauso wichtig ist, Barrierefreiheit strukturell in Organisationen zu verankern. Zum Beispiel durch die Bildung einer Kommission, die mit der Ausgestaltung von Barrierefreiheit beauftragt wird und Menschen mit Beeinträchtigung bei der Planung von baulichen Maßnahmen als Experten in eigener Sache einbezieht.

Eine Sammlung aller Aktionspläne von Organisationen und Einrichtungen (u. a. auch der Lebenshilfe Hannover) finden Sie auf der Website des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Barrierefreiheit in Deutschland

Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigung.
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Vorreiter für die gesetzliche Definition von Barrierefreiheit in Deutschland ist § 4 des Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz (BGG). Das Gesetz beinhaltet aber nicht nur eine Definition von Barrierefreiheit, es verpflichtet auch die Träger öffentlicher Gewalt auf Bundesebene die Vorgaben zur Barrierefreiheit einzuhalten.

Barrierefreie Bundesverwaltung

Das Gesetz sieht zum Beispiel vor, dass:

  • zivile Neu-, Um- und Erweiterungsbauten, die im Eigentum des Bundes stehen, barrierefrei gestaltet werden müssen.
  • Websites und mobile Anwendungen von öffentlichen Stellen des Bundes barrierefrei sein müssen. Es gelten insoweit die Vorgaben der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – (BITV 2.0).
  • Menschen mit Hör- und Sprachbehinderung das Recht haben, in Gebärdensprache oder über andere geeignete Kommunikationshilfen mit den Trägern öffentlicher Gewalt zu kommunizieren.
  • die Träger öffentlicher Gewalt gegenüber Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung einfache und verständliche Sprache verwenden sollen. Auch Schriftstücke, wie z.B. Bescheide und Vordrucke sollen auf Verlangen in einfacher und verständlicher Weise oder – sofern dies nicht ausreicht – in Leichter Sprache erläutert werden.
  • vermehrt allgemeine Informationen in Leichter Sprache bereitgestellt werden sollen.

Werden diese Vorgaben nicht berücksichtigt, können sich Menschen mit Behinderung kostenlos an die Schlichtungsstelle des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen wenden oder auf die Einhaltung ihrer Rechte vor Gericht klagen.

Auf Landesebene finden sich teilweise ähnliche Regelungen in den Gleichstellungsgesetzen der 16 Bundesländer.

Barrierefreie Privatwirtschaft

In anderen Bereichen werden rechtliche Vorgaben zur Barrierefreiheit dagegen oft u.a. aufgrund von Ausnahmeregelungen nicht umgesetzt oder fehlen ganz. Viele Angebote sind immer noch nicht für Menschen mit Beeinträchtigung zugänglich. Insbesondere im

  • Wohnen,
  • Verkehr
  • und der Privatwirtschaft.

Ab dem 28. Juni 2025 wird sich dies jedoch zumindest für Teile der Privatwirtschaft ändern. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, das bereits am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, werden zukünftig auch Anbieter von bestimmten Waren und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit verpflichtet.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Barrierefreiheit und Teilhabe für Menschen mit Behinderung
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Mehr digitale Barrierefreiheit durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Bei der Verpflichtung zur Barrierefreiheit durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz handelt es sich um einen eng umgrenzten Bereich. Im Einzelnen geht es vor allem um die Herstellung digitaler Barrierefreiheit. So müssen künftig bspw. Computer, Selbstbedienungsterminals, Handys, Tablets oder E-Book-Lesegeräte barrierefrei sein. Auch der Online-Handel, Telekommunikationsdienste, Bankdienstleistungen für Verbraucher, E-Books sowie bestimmte Elemente von Personenbeförderungsdiensten, wie bspw. Websites oder Apps, sind vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst.

Demgegenüber gilt die Pflicht zur Barrierefreiheit nicht für die bauliche Umwelt, also die Gebäude, in denen Dienstleistungen und Produkte angeboten beziehungsweise erbracht werden. Damit kann es zu der kuriosen Situation kommen, dass zwar der Geldautomat künftig barrierefrei sein muss, aber nicht das Gebäude, in dem er steht (vgl. die Stellungnahme der Bundesvereinigung Lebenshilfe zu diesem und weiteren Kritikpunkten).

Das Gesetz dient der Umsetzung des sog. European Accessibility Act, der erstmals europaweit Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen vorsah und u. a. von dem Inklusionsbeirat des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen unterstützt wurde. An der Erarbeitung des Forderungspapiers des Inklusionsbeirates war auch die Lebenshilfe beteiligt.

Barrierefreiheit im Wohnen

Durch steigende Mieten, Verdrängung, den massiven Abbau von bezahlbaren Sozialwohnungen und das Fehlen barrierefreien Wohnraums im gesamten Bundesgebiet ist es Menschen mit geistiger Beeinträchtigung kaum möglich, eine passende barrierefreie Wohnung zu finden und zum Beispiel in eine selbstständigere Wohnform umzuziehen. Laut Auskunft der Bundesregierung ergeben Hochrechnungen aus dem Mikrozensus 2018, dass nur rund 1,5 Prozent der Wohnungen in Deutschland barrierefrei oder barrierearm sind (vgl. Bundestags-Drucksache 19/28569, S.2). Auch  eine Studie aus Hessen zeigte auf, dass der derzeitige Mangel an Wohnraum Menschen mit Behinderung besonders betrifft.

Wohnverträge und Betreuungsverträge
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Der Mangel an barrierefreiem Wohnraum könnte sich noch verstärken.

Wollen Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf in eine selbstständigere Wohnform umziehen, sind sie besonders benachteiligt. Sie benötigen neben barrierefreiem Wohnraum auch technische Assistenzlösungen (u. a. Sensoren zur Sturzerkennung, Smarthome-Lösungen, öffentliche oder nachbarschaftliche Notrufmöglichkeiten, etc.), um ihren Alltag selbstbestimmter zu gestalten. Hilfreich bei einer selbstverständlichen Nutzung moderner Technologien sind „Ambient Assisted Living-Modelle“ (AAL). AAL steht für alltagstaugliche Assistenzlösungen für ein selbstbestimmtes Leben. Dazu führte die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie von 2014‑2017 ein bundesweites Modellprojekt durch. 

Barrierefreiheit beim Bauen

In Deutschland gibt es Regelungen, die eine Pflicht zum barrierefreien Bauen vorsehen. So müssen zivile Neu-, Um- und Erweiterungsbauten, die im Eigentum des Bundes stehen, barrierefrei gestaltet werden (§ 8 BGG).

Die Anforderungen an gemeinschaftliche Wohnformen und Beherbergungsstätten, die den Landesheimgesetzen unterfallen, finden sich in den diesbezüglichen Heimmindestbauverordnungen der Bundesländer oder – sofern die Länder noch keine entsprechenden Verordnungen erlassen haben – in der Heimmindestverordnung auf Bundesebene.

Für den privaten Bereich ergibt sich die Pflicht zum barrierefreien Bauen aus den Landesbauordnungen. Die Musterbauordnung, die als Grundlage zur Erarbeitung der jeweiligen Landesbauordnung dient, sieht vor, dass in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen, die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei sein müssen (§50 Absatz 1). Gleiches gilt für öffentlich zugängliche bauliche Anlagen, wie bspw. Restaurants oder Geschäfte aber auch Gesundheitseinrichtungen oder Freizeitanlagen (§ 50 Absatz 2).

Hinweis: Trotz dieser allgemeinen Vorgabe in der Musterbauordnung unterscheiden sich die Bestimmungen in den einzelnen Landesbauordnungen. Eine Übersicht über die jeweils geltenden Regelungen gibt es hier.

Für eine barrierefreie Planung oder Umgestaltung von Wohnraum und öffentlichen Gebäuden sind außerdem die DIN-Normen vom Deutschen Institut für Normung zu beachten. Aktuell gilt für einen barrierefreien Neu- und Umbau von Wohnungen und deren Außenanlagen die DIN-Norm 18040-2 und für öffentliche Gebäude die DIN-Norm 18040-1.

Je nach Art der Beeinträchtigung sind die Anforderungen an einen Wohnraum unterschiedlich, deshalb ist eine Beratung empfehlenswert, u. a. bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung e. V. oder dem Verein Barrierefrei Leben e. V. Weitere Informationen hierzu finden Sie im Familienratgeber der Aktion Mensch.

Trotz dieser Vorgaben sind die meisten Gebäude allerdings immer noch nicht barrierefrei. Das liegt zum einen daran, dass die Pflicht zum barrierefreien Bauen nicht uneingeschränkt gilt. Ausnahmen können z.B. gemacht werden, wenn die Herstellung der Barrierefreiheit einen „unverhältnismäßigen Mehraufwand“ darstellt. Außerdem führen die Regelungen nicht dazu, dass bereits bestehende Gebäude, die nicht barrierefrei sind, umgebaut werden müssen.

Barrierefreie Veranstaltungsräume

Wer eine inklusive Veranstaltung plant, sollte sich vorher Gedanken über barrierefreie Veranstaltungsräume machen. Dazu gehören etwa ebenerdige Flächen, Wegeleitsysteme, breite Gänge und (automatische) Türen, barrierefreie Toiletten usw. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe zeigt in ihrer Geschäftsstelle in Berlin, wie moderne Veranstaltungsräume ohne Barrieren aussehen können.

Barrierefreiheit im Straßenverkehr

Barrierefrei im Straßenverkehr.
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Im Straßenverkehr lauern viele Gefahren und Barrieren, die Menschen oft einschränken.

Barrierefreie Angebote im öffentlichen Personen- und Nahverkehr sowie Mobilitäts-Angebote, die auf Abruf bestellbar sind (On-Demand-Angebote), sind für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oft nicht gut nutzbar. Hier müssen Barrieren abgebaut werden, damit alle Menschen schnell, einfach und selbstbestimmt von Ort zu Ort gelangen können. Gesetzlich ist vorgesehen, dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) bis zum 01. Januar 2022 barrierefrei werden soll. Das steht in § 8 Absatz 3 Satz 3 Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Allerdings können auch hier wieder begründete Ausnahmen im Nahverkehrsplan vorgesehen werden.

Diese Vorgabe gilt seit dem 1. August 2021 auch für neue On-Demand Mobilitätsangebote, wenn es sich dabei um sogenannten Linienbedarfsverkehr handelt. Dem Linienbedarfsverkehr unterfällt die Beförderung von Fahrgästen auf vorherige Bestellung ohne festen Linienweg zwischen bestimmten Einstiegs- und Ausstiegspunkten innerhalb eines festgelegten Gebietes und festgelegter Bedienzeiten.

Taxen und neue On-Demand-Mobilitätsangebote, die nicht dem Linienbedarfsverkehr unterfallen, sind von dieser Vorgabe grundsätzlich nicht erfasst. Allerdings gibt es seit dem 1. August 2021 auch für Taxen eine gesetzliche Regelung zur Barrierefreiheit. Danach sollen die Belange von Menschen mit körperlichen oder Sinnesbeeinträchtigungen berücksichtigt werden, um eine möglichst weitgehende Barrierefreiheit zu erreichen. Haben Unternehmer 20 oder mehr Fahrzeuge, müssen davon 5% barrierefrei sein (§ 64c Absatz 1 PBefG).

Diese Regelung gilt gleichermaßen für neue On-Demand-Mobilitätsangebote, wenn es sich dabei um sogenannten gebündelten Bedarfsverkehr handelt. Gebündelter Bedarfsverkehr ist die Beförderung von Fahrgästen mit dem PKW auf vorherige Bestellung, bei der mehrere Beförderungsaufträge entlang ähnlicher Wegstrecken gebündelt ausgeführt werden.

In einem Fachbeitrag der Zeitschrift Teilhabe setzt sich Eva Konieczny, mit dem Thema „Mobilität für Alle“ auseinander und erklärt was dabei für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zu berücksichtigen ist. Hier geht es zur kostenlosen Leseprobe.

Barrierefreiheit im Internet

Was bedeutet Barrierefreiheit im Web eigentlich? Auch im Internet gibt es viele (digitale) Barrieren. Längst nicht alle Angebote, Inhalte oder Informationen sind für alle Menschen gleichermaßen uneingeschränkt zugänglich.

  • Digitale Barrieren bei der Wahrnehmung: Das beginnt bereits bei der Schriftgröße von Text. Ist sie zu klein und nicht skalierbar, können viele Menschen sie nicht richtig lesen. Auch wenn Inhalte hauptsächlich über Bilder erklärt werden, sind Menschen mit Sehbeeinträchtigung benachteiligt. Hier braucht es z. B. Alternativtexte und angepasste Angebote mit Berücksichtigung von Kontrasten, Farben usw. Wird ein Thema über ein Video erklärt, braucht es Untertitel und im Idealfall auch Gebärdensprache für Menschen mit eingeschränktem Seh- und/oder Hörvermögen.
  • Digitale Barrieren bei der Bedienung: Auch technisch müssen viele Aspekte wie das verwendete Endgerät berücksichtigt werden (Smartphone, Laptop usw.). Viele Menschen brauchen Hilfsmittel zur Bedienung, wie etwa eine Sprachsteuerung (Unterstützte Kommunikation). Websites und Online-Angebote müssen darauf angepasst werden, um digitale Barrierefreiheit zu ermöglichen.
  • Digitale Barrieren bei der Verständlichkeit: Ist die Bedienung einer App zu kompliziert oder setzt bestimmte Kenntnisse voraus, ist sie nicht mehr barrierefrei.
Bundes-Teilhabe-Gesetz
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Das Internet ist heute kaum wegzudenken – digitale Barrieren gibt es dort noch viele.

Für Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung gibt es noch zu selten barrierefreie Texte in Leichter Sprache. Diese sind leichter zu lesen und oft besser zu verstehen als Texte in schwerer Sprache.

Im Jahr 2021 gibt es zum Beispiel die ersten inklusiven Wahlen für alle Menschen. Und damit alle Menschen die gleiche Möglichkeit haben, Teilzuhaben und sich eine Meinung zu bilden, muss es auch barrierefreie Informationen in Leichter Sprache zur Wahl geben.

In unserem Wörterbuch in Leichter Sprache erklären wir viele komplizierte Begriffe mit einfachen Worten. Denn auch die Verwendung von Fachsprachen oder Fremdsprachen kann Barrieren aufbauen. Schließlich wissen nicht alle, was ein Download, eine Mail oder ein Link sind. Das muss bei der Erstellung barrierefreier Apps und auf barrierefreien Webseiten berücksichtigt werden.

LeichtSinn – Magazin in Leichter Sprache

Das Magazin LeichtSinn ist im Rahmen eines Inklusionsprojekts entstanden. Verständlichkeit für alle Leser*innen war dabei ein wichtiges Kriterium. Es ist ein Beispiel für gelungene sprachliche Barrierefreiheit.

Mehr hier

Richtlinien für barrierefreie Webinhalte

Die Forderungen nach Barrierefreiheit beschränken sich also nicht nur auf die Bereiche Wohnen oder den Straßenverkehr. Es geht nicht nur darum, ob ein Gebäude rollstuhlgerecht ist. Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind seit Jahren ein EU-Standard zur Gestaltung barrierefreier Internetangebote. Allerdings sind die Vorgaben und Empfehlungen der WCAG nicht verbindlich.

Eine Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung von Websites und Apps gibt es bislang nur für die öffentlichen Stellen. Für den Bund ergibt sich diese Verpflichtung aus § 12a BGG. Die Vorgaben, die sie hierfür erfüllen müssen, sind in der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung - BITV 2.0 festgelegt. Auch in vielen Landesgleichstellungsgesetzen finden sich ähnliche Vorschriften, die die öffentlichen Stellen der Länder zur Einhaltung der BITV 2.0 des Bundes oder entsprechenden landeseigenen Verordnungen verpflichten. Für Teile des privaten Bereichs werden sich Vorgaben künftig aus dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ergeben, das am 28. Juni 2025 in Kraft tritt (s. o.).

Barrierefreiheit im Gesundheitswesen

Viele Einrichtungen des Gesundheitswesens, wie Arztpraxen, oder die Räumlichkeiten von Heil- und Hilfsmittelerbringern sind noch nicht barrierefrei.

Hinweis: Heilmittelerbringer sind bspw. Physio- und Ergotherapeuten oder Logopäden. Hilfsmittelerbringer sind bspw. Apotheken oder Sanitätshäuser. Lesen Sie gerne mehr in unserem Beitrag "Hilfsmittel beantragen".

Nach Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bislang beispielsweise nur ca. 26 Prozent der Haus- und Facharztpraxen barrierefrei (vgl. BT-Drs. 19/23214 S. 4). Wobei die Bewertung auf eine Selbsteinschätzung der Ärzt*innen basiert und Barrierefreiheitskriterien für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung nicht berücksichtigt wurden. Hier muss dringend nachgebessert werden.

Zwingende Verpflichtungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit gibt es aber nur teilweise. So sind Einrichtungen des Gesundheitswesens zwar nach den Vorgaben der Musterbauordnung, die die Vorlage für die Landesbauordnungen bildet, barrierefrei zu gestalten (§ 50 Absatz 2). Allerdings können hiervon z.B. Ausnahmen gemacht werden, wenn die Herstellung der Barrierefreiheit einen "unverhältnismäßigen Mehraufwand" darstellt. Außerdem führen die Regelungen nicht dazu, dass bereits bestehende Gebäude, die nicht barrierefrei sind, umgebaut werden müssen.

Hinweis: Trotz dieser allgemeinen Vorgabe in der Musterbauordnung unterscheiden sich die Bestimmungen in den einzelnen Landesbauordnungen. Eine Übersicht über die jeweils geltenden Regelungen gibt es hier.

Information über barrierefreie Arztpraxen

Seit Mai 2019 ist die Kassenärztliche Bundesvereinigung dazu verpflichtet, über die Barrierefreiheit von Arztpraxen zu informieren (§ 75 Absatz 1a SGB V). Die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern stellten jedoch im August 2020 in einer gemeinsamen Erklärung fest, dass sie dieser Verpflichtung nicht in angemessener Weise nachgekommen sind.

Vergleichbare Vorgaben für die Information über barrierefreie Heil- oder Hilfsmittelerbringer gibt es bislang nicht.

Forschung zur Barrierefreiheit von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung

Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigung.
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Weil es wenig Studien oder Ratgeber und kaum Wissen zur Barrierefreiheit von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung gibt, gab es ein gemeinsames Projekt des Landesverbandes Baden-Württemberg Lebenshilfe e. V., der Bundesvereinigung Lebenshilfe und des Bundeskompetenzzentrums für Barrierefreiheit. Ziel des Projektes war es, konkrete behinderungsspezifische Barrieren herauszufinden. Aus der praktischen Erprobung unter Beteiligung von Selbstvertreter*innen ist ein „Kriterienkatalog zur Barrierefreiheit für Menschen mit kognitiven Einschränkungen“ entstanden.

Im Jahr 2006 hat sich der Rat behinderter Menschen der Bundesvereinigung Lebenshilfe zum ersten Mal mit dem Thema „Barrierefreiheit“ auseinandergesetzt. Immer wieder hat er sich seitdem mit dem Thema beschäftigt und festgestellt:

Es gibt nur wenig Wissen zum Thema Barrierefreiheit. Aber nur wenn man weiß, worin Hindernisse bestehen, dann kann man sie auch abbauen!

Rat behinderter Menschen
Bundesvereinigung Lebenshilfe

Der Rat hat daraufhin an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geschrieben und ein Forschungsprojekt zu kognitiver Beeinträchtigung und Barrierefreiheit wurde durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Jahr 2018 veröffentlicht und sind online verfügbar.

Politische Initiative für mehr Barrierefreiheit

Initiative Barrierefreiheit
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Im November 2022 wurde die sogenannte "Bundesinitiative Barrierefreiheit" unter Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ins Leben gerufen. Sie soll dazu beitragen, Deutschland barrierefreier zu machen.

Der Schwerpunkt wird dabei auf mehr Barrierefreiheit in den vier Themenbereichen:

  • Mobilität,
  • Wohnen,
  • Gesundheit und
  • Digitales

sowie in der Reform verschiedener Gesetze liegen. Die Initiative ist auf zehn Jahre angelegt und soll von einem Beirat begleitet werden, der im April 2023 seine Arbeit aufgenommen hat. In diesem Gremium sind sowohl Menschen mit Behinderung als auch die Länder und Kommunen sowie die Wirtschaft vertreten.

Die Bundesvereinigung Lebenshilfe wird ihre Mitgliedschaft im Beirat dafür nutzen, sich für nachhaltige und konkrete Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit einzusetzen.

Weitere Informationen zum Thema Barrierefreiheit

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