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Rechtstipp

Rund um den Mund | Gesunde Zähne für Menschen mit Behinderung

Gesunde Zähne sind wichtig. Doch gute Zahnpflege ist gerade für Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf nicht immer ganz einfach. Hier erfahren Sie, welche Unterstützung Sie bekommen können und was Ihnen zusteht.

Zahngesundheit und Behinderung
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Gesunde Zähne: Unterstützung für Menschen mit Behinderung

Herzhaft in einen Apfel beißen, ohne sich Sorgen um seine Zähne zu machen. Wer möchte das nicht? Gesunde Zähne bedeuten Lebensqualität. Angesichts der hohen Eigenbeteiligung bei Zahnersatz ist es am besten, vorzusorgen und seine Zähne gut zu pflegen. Für Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf ist das aber nicht immer ganz einfach. Deshalb stehen ihnen die folgenden Unterstützungen zur Verfügung.

Gesetzlicher Anspruch auf zahnärztliche Unterstützung

Menschen, die einen Pflegegrad haben oder Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, haben einen Anspruch auf zahnärztliche Unterstützung bei der Verhütung von Zahnerkrankungen. Das steht in § 22a Sozialgesetzbuch (SGB) V. Die Einzelheiten sind in einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geregelt.

Zahnbeläge

  • Menschen mit Behinderung bzw. Pflegegrad können sich harte Zahnbeläge halbjährlich vom Zahnarzt entfernen lassen.
  • Eine Beseitigung weicher Zahnbeläge sieht die Richtlinie dagegen nicht vor.
    • Soweit sie nicht automatisch mit entfernt werden, besteht aber immer die Möglichkeit, eine private Zahnzusatzversicherung abzuschließen. Sie umfasst häufig auch eine (halb-)jährliche Zahnreinigung zur Entfernung weicher Zahnbeläge.

Zahn-Gesundheits-Check

  • Die Richtlinie sieht außerdem vor, dass der oben genannte Personenkreis den Zustand von Zähnen, Zahnfleisch, Mundschleimhäuten und Zahnersatz halbjährlich überprüfen lassen kann.
  • Anschließend erstellt die Zahnärzt*in einen individuellen Plan zur Verbesserung der Mundhygiene (ein sogenannter individueller Mundgesundheitsplan).
  • Darin sind die Ergebnisse des Zahngesundheits-Checks zusammengefasst. Es werden alle Maßnahmen aufgeführt, die die Zahnärzt*in zur Verbesserung des Gesundheitszustandes vorgeschlagen hat. Es wird beispielsweise genau aufgezeichnet, in welchen Zeitabständen die Prothesen gereinigt werden müssen, ob dabei Unterstützung und davor Rücksprachen mit weiteren Ärzt*innen nötig sind.

Hinweis: Die Patient*innen bekommen den Mundgesundheitsplan als Kopie. Er kann von Pflege- und Unterstützungspersonen, mit Zustimmung der Versicherten, als Informationsquelle oder als Anhang zum Pflegeplan genutzt werden.

Außerdem muss die Zahnärzt*in alle Angaben in verständlicher und nachvollziehbarer Art und Weise erklären. Es wird die Reinigung der Zähne und des Zahnersatzes sowie des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut demonstriert und gegebenenfalls eine praktische Anleitung gegeben.

Angepasste Parodontitis-Therapie

Menschen, die einen Pflegegrad haben oder Eingliederungshilfe erhalten, können ab dem 1. Juli 2021 eine an ihre Bedürfnisse angepasste Parodontitis-Therapie erhalten. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistung sind in Abschnitt B V. Nr. 2 der Behandlungsrichtlinie geregelt. Der Anspruch basiert immer auf einer zahnärztlichen Entscheidung und kann bestehen, wenn Betroffene

  • sich nicht oder nur eingeschränkt um ihre Mundhygiene kümmern können, 
  • einer Behandlung in Allgemeinnarkose bedürfen oder 
  • während der Behandlung nicht bzw. nur eingeschränkt mitwirken können. 

In diesen Fällen kann die Befunderhebung reduziert werden, so dass Versicherte vor der Behandlung weniger Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen.

Des Weiteren kann bei Patient*innen, die einer Behandlung in Allgemeinnarkose bedürfen, an Zähnen mit einer Sondierungstiefe von ≥ 6 mm ausnahmsweise gleich eine chirurgische Therapie erfolgen. Die eigentlich vorgeschaltete antiinfektiöse Therapie kann damit übersprungen werden.

Schließlich können die Nachsorgemaßnahmen auf die wichtigsten Elemente, wie die regelmäßige Entfernung von Zahnstein und Belägen sowie die Feststellung von Sondierungstiefe und -Blutungen, reduziert werden. Die Maßnahmen können außerdem – anders als bei der systematischen Parodontitis-Therapie – befundunabhängig für die Dauer von zwei Jahren einmal je Kalenderhalbjahr durchgeführt werden.  Auch dies reduziert den erforderlichen Untersuchungsumfang.

Hinweis: Die Sondierungstiefe zeigt an, wie tief die Zahnfleischtaschen sind und wie weit fortgeschritten die Parodontitis ist.

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt kommen nach Hause

Können Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf aufgrund ihrer Einschränkungen nicht mehr selbstständig in die Zahnarztpraxis kommen, gibt es gemäß § 87 Absatz 2i SGB V die Möglichkeit, dass die Zahnärzt*in sie zu Hause versorgt. Dieser Zusatzaufwand wird über die Krankenkasse abgerechnet. Eine Behandlung zu Hause kann allerdings nicht so umfangreich sein, wie in einer zahnärztlichen Praxis. Oftmals beschränkt sich die Versorgung auf einfachere zahnärztliche Maßnahmen. Weitergehende Behandlungen müssen dann in der Praxis erfolgen.

Behandlung unter Vollnarkose

Ist eine Behandlung im wachen Zustand nicht möglich, können sich Menschen mit geistiger Behinderung auch unter Vollnarkose behandeln lassen (siehe hierzu Abschnitt III. b Kapitel 5.1. Nummer 8 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs). Eine Vollnarkose kann allerdings nur von einer Fachärzt*in für Anästhesie durchgeführt und abgerechnet werden. Insofern bieten nicht alle Zahnarztpraxen eine Behandlung unter Vollnarkose an.

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