Mittagessen in Werkstätten
© Lebenshilfe/David Maurer
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Rechtstipp

Mittagessen in Werkstätten für Menschen mit Behinderung

Seit in Kraft treten des Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung nicht mehr im Sozialhilfegesetzbuch SGB XII, sondern im Sozialgesetzbuch SGB IX geregelt. Damit verbunden ist eine Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den existenzsichernden Leistungen zum Lebensunterhalt. Dies hat seit Januar 2020 Folgen für das Mittagessen in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM).

Bitte beachten: Die Corona-Virus-Pandemie hat für Veränderungen in vielen Bereichen gesorgt. Wir informieren ausführlich dazu auf unserer Corona-Übersichtsseite. Hier gibt es auch Antworten auf wichtige Fragen, z.B. zum Mittagessen in Werkstätten. 

Welche Regelung zur Mittagsverpflegung in Werkstätten galt vor dem BTHG?

Mittagessen in Werkstätten
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WfbM bieten den bei ihnen beschäftigten Menschen mit Behinderung ein gemeinschaftliches Mittagessen an. Vor dem 1. Januar 2020 wurde das angebotene Essen nicht den Leistungen zum Lebensunterhalt zugerechnet, sondern als integraler und notwendiger Bestandteil der Eingliederungshilfe angesehen.

Das ist durch die Unterscheidung in Fachleistungen und existenzsichernde Leistungen so nicht mehr möglich. Infolgedessen änderte sich zum Januar 2020 die Art der Finanzierung der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in Werkstätten.

Welche Regelungen gelten aktuell zur Mittagsverpflegung in Werkstätten?

Die Lebensmittelkosten des Mittagessens gehören zu den existenzsichernden Leistungen. Sie müssen künftig von allen Werkstattbeschäftigten selbst bezahlt werden, wenn sie an der Mittagsverpflegung teilnehmen.

Für Grundsicherungsempfänger*innen ist die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Werkstätten als Mehrbedarf anerkannt (§ 42b SGB XII). Der Mehrbedarf entspricht dem Wert des Sachbezuges für ein Mittagessen. 2023 beträgt er 3,80 Euro und 2024 beträgt er 4,13 Euro je Mittagessen. Der Mehrbedarf wird jährlich angepasst.

Wichtig: Dieser nicht vom Regelsatz der Grundsicherung abgedeckte Mehrbedarf muss von den Leistungsberechtigten beim Sozialhilfeträger beantragt werden!

Was gilt, wenn die Kosten des Mittagsessens den Mehrbedarf übersteigen?

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (Urteil vom 17.03.2022 – Az.: L 7 SO 4143/20) hat entschieden, dass das Mittagessen kein Bestandteil der Eingliederungshilfeleistungen sei, soweit die Kosten des Mittagessens die Höhe des Mehrbedarfs nicht überschreiten.

Nur soweit die Kosten für die Herstellung und Bereitstellung des Mittagessens nicht durch den Mehrbedarf gedeckt werden, könnten diese Kosten der Eingliederungshilfe zugeordnet werden. Der ungedeckte Teilbetrag sei dann, so das LSG Baden-Württemberg, von der Eingliederungshilfe nach § 113 Abs. 4 SGB IX als Leistung zur Sozialen Teilhabe vom Eingliederungshilfeträger zu übernehmen.

Wichtig: Gegen die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg wurde Revision eingelegt. Das heißt, dass das Bundessozialgericht die Rechtsauffassung des LSG prüfen wird und zu einem anderen Ergebnis kommen kann.

Wer kann den Mehrbedarf geltend machen?

Neben den in WfbM beschäftigten behinderten Menschen gilt die Regelung auch für diejenigen, die ein Beschäftigungsangebot bei einem anderen Leistungsanbieter nutzen oder die an einer tagesstrukturierenden Maßnahme teilnehmen, z. B. in einer Förder- und Betreuungsstätte unter dem Dach der Werkstatt. Immer ist Voraussetzung für den Mehrbedarf, dass Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII besteht.

Kein Werkstattbeschäftigter muss an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung teilnehmen. Das Angebot ist freiwillig. Man kann sich sein Essen selbst mitbringen oder ein anderes Essensangebot nutzen. Dann kann aber auch kein Mehrbedarf für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung geltend gemacht werden.

Weitere Informationen zur Finanzierung des Mittagessens in Werkstätten

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