Kindergeld für erwachsene Kinder mit Behinderung
© Lebenshilfe/David Maurer
Familie
Rechtstipp | Stand: 01.01.2024 #Kindergeld

Kindergeld für erwachsene Kinder mit Behinderung

Die Familienkasse zahlt Eltern von Kindern mit Behinderung das Kindergeld über den 18. Geburtstag hinaus weiter. Das Kindergeld beträgt derzeit 250 Euro für jedes Kind (Stand: 01.01.2024). Das Geld dient der Grundversorgung eines Kindes. Welche Voraussetzungen es gibt und was es sonst noch zu beachten gilt, möchten wir hier erklären.

Voraussetzungen für den Erhalt von Kindergeld

Die Voraussetzung für den Erhalt von Kindergeld für erwachsene Kinder mit Behinderung:

  1. Die Behinderung ist vor dem 25. Geburtstag eingetreten.
  2. Der junge Mensch ist aufgrund der Behinderung nicht in der Lage, seinen Lebensbedarf selbst zu erwirtschaften.

Maßgeblich ist, dass die Behinderung bereits vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist. Die Fähigkeit, sich selbst zu unterhalten, kann auch erst später weggefallen sein.

Wichtig zu wissen: Das Kindergeld ist eine steuerliche Ausgleichszahlung, die im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt ist. Es ist keine Sozialleistung. Anspruchsberechtigt sind die Eltern von leiblichen Kindern, Adoptivkindern und Pflegekindern. In manchen Fällen auch die Geschwister, wenn zu diesen ein sogenanntes Pflege-Kindschafts-Verhältnis besteht.

Wie wird der Kindergeldanspruch berechnet?

Kindergeld für erwachsene Kinder mit Behinderung
© Lebenshilfe/David Maurer

Ob ein erwachsener Mensch mit Behinderung außerstande ist, für seinen eigenen Unterhalt zu sorgen, wird von der Familienkasse anhand zweier Rechengrößen geprüft:

  • Rechengröße 1: Die Familienkasse prüft den Lebensbedarfs des erwachsenen Menschen mit Behinderung.
  • Rechengröße 2: Die Familienkasse prüft die dem erwachsenen Menschen mit Behinderung zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.

Reichen die Einkünfte nicht aus, um die Kosten der Lebensführung zu decken, besteht ein Anspruch auf Kindergeld.

Für die Berechnung gibt es zwei Methoden, die wir näher vorstellen möchte.

I. Vereinfachte Berechnung

Die Familienkassen sind dazu angehalten, zunächst eine Überprüfung anhand der vereinfachten Berechnungsmethode durchzuführen. Dabei im Fokus:

  1. der allgemeine Lebensbedarf 
  2. die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel des volljährigen Kindes

Es wird geprüft, ob der allgemeine Lebensbedarf (1) die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (2) übersteigt. Ist dies der Fall, besteht ein Anspruch auf Kindergeld – denn das Kind ist dann außerstande, sich selbst zu unterhalten.

Passendes Angebot aus unserem Verlag: Das Buch "Recht auf Teilhabe" ist ein Wegweiser zu allen wichtigen sozialen Leistungen für Menschen mit Behinderung.

Kindergeld für erwachsene Geschwister mit Behinderung
© Lebenshilfe/David Maurer

II. Ausführliche Berechnung

Kommen die Familienkassen bei der vereinfachten Berechnung zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte des Kindes den allgemeinen Lebensbedarf übersteigen, müssen sie eine ausführliche Berechnung vornehmen. Diese erfolgt anhand einer Gegenüberstellung des notwendigen Lebensbedarfs und der kindeseigenen finanziellen Mittel.

Kindeseigene finanzielle Mittel

Anders als im Rahmen der vereinfachten Berechnung zählen bei der ausführlichen Berechnung zu den Einkünften des Kindes (neben den oben aufgeführten Einnahmen) auch Leistungen, die dem volljährigen Kind wegen eines behinderungsbedingten Bedarfs zweckgebunden zufließen. Das bedeutet, dass z.B. Leistungen der Eingliederungshilfe, der Grundsicherung oder der Pflegeversicherung, wie z.B. das Pflegegeld, als finanzielle, zur Verfügung stehende Mittel angesehen werden.

Hinweis: Inwiefern z.B. Leistungen der Eingliederungshilfe oder der Pflegeversicherung im Rahmen der Kindergeldberechnung berücksichtigt werden, hängt demnach zum einen von der Berechnungsmethode ab (vereinfachte oder ausführliche Berechnung). Zum anderen davon, ob der behinderungsbedingte Mehrbedarf im Wege des Pauschbetrags oder des Einzelnachweisverfahrens geltend gemacht wird (dazu sogleich). Im letzteren Fall werden z. B. die Eingliederungshilfe und ggf. auch das Pflegegeld sowohl als Einkommen als auch als behinderungsbedingter Mehrbedarf angesehen.

Notwendiger Lebensbedarf

Der notwendige Lebensbedarf setzt sich aus dem allgemeinen Lebensbedarf in Höhe des Grundfreibetrags (derzeit 11.604 Euro, Stand: 2024) und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen.

a) Was ist ein behinderungsbedingter Mehrbedarf?

Mit dem Begriff „behinderungsbedingter Mehrbedarf“ sind alle mit der Behinderung zusammenhängenden außergewöhnlichen Belastungen zusammengefasst. Erfasst sind z.B. Hilfen bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, Aufwendungen für die Pflege, für einen erhöhten Wäschebedarf oder für medizinische Leistungen.

b) Wie wird der behinderungsbedingte Mehrbedarf berechnet?

Der behinderungsbedingte Mehrbedarf kann auf zwei verschiedenen Wegen steuerlich geltend gemacht werden:

  1. anhand des Pauschbetrags oder
  2. im Einzelnachweisverfahren.

III. Weitere Aufwendungen

Unabhängig davon, ob der behinderungsbedingte Mehrbedarf anhand des Pauschbetrags oder anhand des Einzelnachweises ermittelt wird, können noch weitere Aufwendungen geltend gemacht werden. Weitere Aufwendungen sind zum Beispiel:

  • medizinische Leistungen
  • Fahrtkosten
  • persönliche Betreuungsleistungen der Eltern
Kindergeld für erwachsene Geschwister mit Behinderung
© Lebenshilfe/David Maurer

Abzweigung des Kindergeldes an den Sozialhilfeträger

In manchen Fällen wird das Kindergeld nicht an die Kindergeldberechtigten ausgezahlt. Dies kann der Fall sein, wenn eine sogenannte Abzweigung vorliegt. Hiervon spricht man, wenn das Kindergeld von der Familienkasse nicht an die Eltern, sondern an einen Sozialhilfeträger ausgezahlt wird, weil dieser in erheblichem Umfang für den Unterhalt des Kindes aufkommt.

Stellt das Kindergeld ein Einkommen des Kindes dar?

Nein! Kindergeld ist Einkommen der Eltern. Dies ergibt sich auch aus § 82 Abs. 1 SGB XII. Daher ist eine Anrechnung als Einkommen des Kindes auf dessen Sozialleistungen in der Regel nicht möglich. Hieran hat sich durch den Systemwechsel in der Eingliederungshilfe nichts geändert.

Weitere Informationen zum Thema Kindergeld für erwachsene Kinder mit Behinderung

Newsletter abonnieren